Eishockey-Finalserie: Adlern droht Kater

Der ERC Ingolstadt geht in der Finalserie um die Deutsche Eishockey-Meisterschaft gegen die Adler Mannheim in Führung. Der Frust sitzt tief.

Auf die Fresse: Mannheims Martin Buchwieser (l.) und Ingolstadts John Laliberte. Bild: dpa

MANNHEIM taz | Am Sonntag laden die Adler Mannheim ab zehn Uhr in die SAP-Arena zum Frühstück mit Weißwurst und Hefeweizen. Wenn die Adler-Cracks aber diesen Freitagabend nicht bei beim ERC Ingolstadt das vierte Spiel des Best-of-Seven-Serie im Finale der Deutschen Eishockey Liga (DEL) gewinnen, könnten sie und ihr Anhang am Sonntag ein Katerfrühstück erleben. Seit Dienstagnacht führen die Bayern nämlich im Finale mit 2:1-Siegen – und die Adler sind gefordert.

Mannheim verspielte am Dienstag nicht nur den Heimvorteil. Ab dem zweiten Drittel kann man auch von einer Demütigung der Adler durch den Titelverteidiger sprechen. Die lässt sich auch in Zahlen ausdrücken: die für die Adler bislang höchste Saisonniederlage: 1:6 (1:1, 0:4, 0:1).

Die Erkenntnis für die so euphorisch in die Finalserie gestarteten Mannheimer nach den bisherigen drei Partien ist entsprechend bitter: Ingolstadt wirkt robuster, ist besser auf den Punkt vorbereitet und spielt effizienter. Nimmt man das 2:5 aus Ingolstadt in der zweiten Begegnung dazu, kassierten die Mannheimer in den letzten beiden Spielen elf Gegentreffer.

Ausgerechnet in der wichtigsten Saisonphase schwächelt die beim souveränen Hauptrundenmeister lange so starke Defensive. Auf der Torhüterposition ist der Ingolstädter Timo Pielmeier in überragender Verfassung, während Adler-Keeper Dennis Endras Dienstagnacht am Ende des für die Adler desaströsen zweiten Drittels entnervt das Eis verließ. Nach dem Spiel fiel dem Nationaltorwart ebenso wie seinem Ersatz Youri Ziffer zu den Fragen der Reporter nur zwei Worte ein: „Kein Kommentar.“

Schweigende Spieler

Das war nicht einmal lustig gemeint und sagt einiges über die Stimmung in der Kabine nach dem Debakel aus. Auch sonst sprach keiner der Spieler. Manager Teal Fowler hält den Auskunftsboykott seiner Profis für „einmalig okay“ und hofft für den weiteren Verlauf der Serie auf die „Comeback-Qualitäten des Teams“. Er erinnert daran, dass sein Team im Halbfinale gegen Wolfsburg dreimal nach jeweils einem 0:3-Rückstand aufgeholt hatte.

Aber haben die Aufholjagden den Adlern zu viel Kraft gekostet? Nun müssen die Mannheimer beweisen, dass sie solche Niederlage schnell abhaken zu können. Ingolstadts Trainer Larry Huras hatte seinen Kollegen nach dem Triumph am Dienstag ja noch getröstet: „Hey Geoff, das war nur ein Spiel.“ Huras, 59, und Geoff Ward, 53, kennen sich gut. Die beiden Trainer aus Ontario machten einst in Quebec zusammen den Trainerschein.

So richtig traute Ward dem Trost von Huras und der Legende, es sei doch nur einziges Spiel gewesen, nicht. Wie dringlich der Adler-Coach die psychologische Aufarbeitung der Pleite ansieht, erkennt man daran, dass er seinen Spielern erst einmal den freien Tag gestrichen hat. Am Mittwoch sollten die Cracks eigentlich zu Hause bleiben, doch der Coach wollte sein Team sehen, „ein bisschen reden“ und sie „ein bisschen skaten“ lassen. Ob’s hilft? Das weiß Ward selbst nicht, die Selbstsicherheit scheint auch angesichts der Stärke des Gegners jedenfalls weg. Das Debakel hinterließ die Mannheimer ratlos.

Duell mit bloßen Fäusten

Der Frust sitzt tief, im letzten Drittel saßen zeitweise vier Mannheimer nach Schlägereien gemeinsam auf der Strafbank. Im Eishockey versuchen Profis bei hohen Rückständen, vor allem in den Playoffs, die Gegner durch Keilereien für das schnell folgende nächste Spiel zu beeindrucken. Am Dienstag sahen die Mannheimer auch in diesem Mann-gegen-Mann-Duell, das mit bloßen Fäusten ausgetragen wird und auf immer mehr Beobachter peinlich wirkt, ziemlich alt aus.

Der Optimismus ist erst mal weg in Mannheim, Titelverteidiger Ingolstadt skatet derweil im Erfolgstunnel: „Wir werden nicht nachdenken, was wir erreichen können. Sollte einer zum Leichtfuß werden, werde ich den schon einfangen“, kündigte ERC-Kapitän Patrick Köppchen an. Der Verteidiger, den sie „Iron-Man“ nennen, spielte mit angebrochener Nase sein 482. DEL-Match durch. Solche Anekdoten taugen zur Meisterschaftslegende.

Der in Mannheim so sehnsüchtig erwartete erste Meistertitel seit 2007 ist am Dienstag wieder ein deutliches Stück unrealistischer geworden. Der Gegner wirkt stark, die Adler scheinen an der Seele verletzt. Wenn man den Mannheimern das am Freitag auf dem Eis noch anmerken wird, wird das Frühstück am Sonntag endgültig zum Katerfrühstück.

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