Einigungspapier vom Oranienplatz: Im Zweifel gegen den Antragsteller

Ein Offener Brief von Anwälten und Menschenrechtlern wirft dem Senat im Umgang mit den Flüchtlingen Wortbruch vor.

Nach der Einigung mit dem Senat bauten Flüchtlinge das Camp ab Bild: dpa

Der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) fordert gemeinsam mit der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl und dem Migrationsrat Berlin und Brandenburg den Berliner Senat auf, die Zusagen aus dem „Einigungspapier Oranienplatz“ einzuhalten. In einem offenen Brief heißt es, statt der in dem Papier zugesicherten „wohlwollenden Einzelfallprüfung“ erhielten die Betroffenen teilweise nach ihrer ersten Vorsprache bei der Ausländerbehörde eine Ablehnung ihrer Anträge auf einen humanitären Aufenthaltstitel.

Bislang gebe es keine einzige positive Entscheidung, sagte die Rechtsanwältin Berenice Böhlo vom RAV. „Es gibt zwar einen juristischen Ermessenspielraum bei der Prüfung der Anträge“, sagte Böhlo, „die Ausländerbehörde entscheidet sich jedoch immer für die restriktivste Auslegung“. So lasse man Stellungnahmen von PsychotherapeutInnen traumatisierter Geflüchteter nicht als Argument für eine Aufenthaltsgenehmigung gelten. Umgesetzt würden auch nicht die in dem Papier zugesagten Sprachkurse und ein freier Zugang zu Bildungsangeboten und zum Arbeitsmarkt.

Bei den Betroffenen mache sich derzeit eine große Verzweiflung breit, sagte Böhlo. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) müsse nun von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen, heißt es in dem Brief, und sich für die Forderungen der Flüchtlinge einsetzen.

Linke-Abgeordneter Hakan Tas forderte erneut ein Bleiberecht für alle Betroffenen nach Paragraf 23 des Aufenthaltsgesetzes. Das könne von der obersten Landesbehörde ausgesprochen werden und verlängere sich automatisch, solange die Personen finanziell auf eigenen Beinen stünden.

In dem Einigungspapier zwischen Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) und Geflüchteten wurde die friedliche Räumung des Oranienplatzes vereinbart. Im Gegenzug sicherte Kolat zu, dass das Land Berlin prüfen wolle, Asylverfahren, die in anderen Ländern anhängig sind, nach Berlin zu holen. Innensenator Frank Henkel (CDU) und sein Kollege aus dem Sozialressort Mario Czaja (CDU) hatten bereits – offenbar auf Drängen Wowereits – zugesagt, dafür die nötigen Voraussetzungen schaffen zu wollen. Ein Senatsbeschluss dazu steht aber noch aus. In dem Papier ist außerdem festgehalten, dass während der Einzelfallprüfungen keine Abschiebungen stattfinden. Auch für die Flüchtlinge, die die Kreuzberger Gerhart-Hauptmann-Schule geräumt haben, gilt das Papier.

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