Ein Elbe-Radweg, zwei Bürgerntscheide: Bezirk puscht Radweg-Freunde

Im Bezirk Altona wird im September mit zwei Bürgerentscheiden gleichzeitig über einen Radweg am Elbstrand abgestimmt. Das erinnert doch sehr an Ikea.

Soll am Elbstrand nun gesessen oder Radgefahren werden? Bürgerentscheide sollen es klären Foto: Bodo Marks/dpa

HAMBURG taz |Die Altonaer sollen am 15. September über einen befestigten Weg auf dem Elbstrand in Övelgönne abstimmen. Sie haben die Wahl zwischen zwei gegenläufigen Bürgerentscheiden: „Elbstrand retten!“ von der Initiative, die keinen Radweg will, und „Elbstrandweg für alle!“.

Der Streit geht zurück auf eine Initiative der rot-grünen Mehrheit in der Bezirksversammlung, die im Februar einen neuen Anlauf nahm, um ein altes Problem zu lösen: Der Elberadweg ist zwischen Museumshafen und Findling auf rund 900 Metern unterbrochen. Spaziergänger und Radler drängeln sich auf dem schmalen Fußweg.

Sechs Meter breite Betonpiste

SPD und Grüne forderten das Bezirksamt auf, die Pläne für einen Strandradweg „im Lichte der geäußerten Kritik zu überprüfen“, Alternativvorschläge zu machen und öffentlich um Vorschläge zu werben. Daraufhin machte das Bild einer sechs Meter breiten Betonpiste über den Strand die Runde.

Bürgerentscheide sind Volksabstimmungen auf Bezirksebene.

Sammelt eine Initiative eine Mindestzahl an Unterschriften, kann sie ihre jeweilige Bezirksversammlung dazu zwingen, sich mit ihrem Anliegen zu befassen. Übernimmt die Bezirksversammlung es nicht, kommt es zu einem Bürgerentscheid.

Werden zwei gegenläufige Bürgerbegehren gemeinsam zur Abstimmung gestellt, können die Wähler theoretisch beiden zustimmen. Deshalb müssen sie noch einmal extra ankreuzen, welchem Bürgerbegehren sie den Vorzug geben.

Die Initiative „Elbstrand retten!“ begann, Unterschriften zu sammeln. 6.000 hätten gereicht, um die Bezirksversammlung zu zwingen, sich mit ihrem Anliegen zu befassen. 13.000 hat die Initiative nach eigenen Angaben zusammen. Einen Monat später startete eine zweite Initiative das Bürgerbegehren „Elbstrandweg für alle!“. Sie sammelte erst 2.000 Unterschriften.

Opposition verlässt wütend den Saal

Trotzdem entschieden sich SPD und Grüne in der Sitzung der Bezirksversammlung am Donnerstag, auch das zweite Bürgerbegehren zur Abstimmung zu stellen. Die Opposition verließ daraufhin wütend den Saal. „Es bringt nichts, einem Bürgerbegehren beizutreten, wenn ein zweites läuft“, rechtfertigte SPD-Fraktionschef Thomas Adrian die Entscheidung.

Beide Bürgerbegehren zugleich zur Abstimmung zu stellen, sei rechtlich in Ordnung, sagte CDU-Fraktionschef Uwe Szczesny. Schade sei, dass Rot-Grün diesen Vorschlag erst eine Viertelstunde vor der Sitzung bekanntgegeben habe. „Wenn wir rechtzeitig davon erfahren hätten, hätten wir uns darüber unterhalten, ob wir mitmachen.“ Aber so seien die Minderheitenrechte der Opposition verletzt worden.

SPD-Fraktionschef Thomas Adrian konterte: Bereits vier Wochen lang habe sein Kompromissvorschlag, die Pläne für einen Elbstrandweg bis zum Ende der Wahlperiode auf Eis zu legen, vorgelegen. Ergänzend hätten andere Lösungen gesucht werden sollen, das Radeln zwischen Blankenese und Altona zu verbessern

„Die zeitgleiche Abstimmung mit der Forderung des zwischenzeitlich gegründeten Bürgerbegehrens ‚Strandweg für alle!‘ erscheint uns sehr unfair und fragwürdig“, kritisierten die Vertrauensleute von“Elbstrand retten!“. Damit werde die Initiative der Radweg-Befürworter aufgewertet.

Mit Ikea gibt es einen Präzedenzfall

In Altona gibt es mit Ikea einen Präzedenzfall, in dem gegen ein Bürgerbegehren ein zweites nachgeschoben wurde. Zuerst waren die Gegner des Möbelhauses aktiv geworden. Am Ende setzten sich die später gestarteten Befürworter durch.

Hans-Jörg Rüstemeier vom „Elbstrandweg für alle!“ kritisierte, dass die beim Bezirks­amt eingegangenen Vorschläge nicht diskutiert worden seien. Seine Initiative plädiere für eine „barrierefreie Strandpromenade, die von Spaziergängern, Joggern wie Radfahrern genutzt werden kann“. Drei Meter Breite seien dafür ausreichend, denn außerhalb von Wochenenden und Feiertagen hätten Radler darauf freie Bahn.

Einen Konsens erreichte die Bezirksversammlung am Donnerstag nach Mitteilung der Grünen dann doch noch: Bis auf die AfD plädierten alle Fraktionen für einen Radfahrstreifen auf der Elbchaussee.

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