EU-Vorgaben für Autoindustrie: Ein bisschen weniger Abgase

Die EU-Kommission legt neue Klimaschutzvorgaben für die Autoindustrie fest. Es ist ein Kompromiss. Kritik daran kommt von allen Seiten.

Ein qualmender Auspuff und ein Duchfahrt-verboten-Schild

Die EU-Kommission kommt der Autoindustrie entgegen Foto: imago/Christian Ohde

BRÜSSEl taz | „Wir haben oft zusammengesessen und viel Kaffee getrunken.“ Mit diesen Worten umschrieb Maroš Šefčovič, Vizepräsident der EU-Kommission, das Ringen um die neuen Klimaschutz-Vorgaben für die Autoindustrie. Dabei standen sich nicht nur Umweltschützer und Industriepolitiker gegenüber. Auch die Autolobby hat ein gehöriges Wörtchen mitgeredet.

Das Ergebnis ist ein Kompromiss, der keinen richtig zufriedenstellt. Um 30 Prozent sollen die Autohersteller die CO2-Emissionen zwischen 2021 und 2030 senken. Darüber hinaus will die Kommission bis 2030 möglichst 30 Prozent der Neuwagen mit Elektro- oder anderen alternativen Antrieben auf die Straße bringen. Eine Quote für Elektroautos soll es aber nicht geben.

Dabei hatte die Quote im ersten Kommissions-Entwurf noch gestanden – genau wie Sanktio­nen für den Fall, dass die Flotten nicht schnell genug auf innovative Motoren umgestellt werden. Doch statt auf Strafen setzt die EU-Behörde nun auf Anreize mittels Bonuspunkten für sauberere Antriebe.

Umweltschützer kritisieren das als umweltschädlichen Ablasshandel. Den Autokonzernen hingegen geht es viel zu weit. Dabei kann vor allem die deutsche Autolobby zufrieden sein. Sogar der Kabinettschef von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der Deutsche Martin Selmayr, wurde von den deutschen Herstellern bearbeitet.

Selmayr will die Wünsche zwar an Klimakommissar Arias Cañete weitergeleitet haben. Doch bei der Vorstellung des Entwurfs traten noch drei weitere Kommissare auf die Bühne – ein Zeichen, wie brisant das Dossier ist.

Es geht um Kosteneffizienz

Neben Cañete und Šefčovič verteidigte Verkehrskommissarin Violeta Bulc den Kompromiss. „Natürlich war es schwer, ausgewogene und ambitionierte Vorschläge zu formulieren“, sagte sie. Eher industriefreundliche Akzente setzte Canñete. Es sei darum gegangen, einen „kosteneffizienten“ Vorschlag zu machen, betonte er.

Maria Krautzberger, UBA-Chefin

„Die Vorschläge der Kommission sind viel zu niedrig“

Allerdings ist umstritten, ob die neuen Vorgaben ausreichen, um die Klimaziele der EU zu erreichen. Zweifel hat das Umweltbundesamt. „Die Vorschläge der Kommission sind viel zu niedrig. Wir brauchen eine Minderung der CO2-Flottengrenzwerte von fast 70 Prozent im Jahr 2030“, kritisiert Amtschefin Maria Krautzberger. Ähnlich argumentiert der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold. „Mit dem Vorschlag der EU-Kommission erreichen wir die Pariser Klimaziele nicht“, sagte er.

Nötig seien mindestens 60 Prozent weniger Emissionen. Dagegen hält der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese. Die „Forderung der Grünen und von Umweltverbänden nach einer 40-prozentigen oder sogar 60-prozentigen Absenkung halte ich für absurd.“

SPD-MinisterInnen sind sich uneins

Streit um die neuen Umwelt-Ziele gibt es auch in Berlin. Zwei SPD-Politiker – Außenminister Sigmar Gabriel und Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth – hatten sich mit zwei völlig entgegensetzten Aussagen an Klimakommissar Cañete gewandt. Gabriel hatte in einem Brief vor möglichen Sanktionen ab 2025 gewarnt. Ansonsten sei die „Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der Branche“ bedroht.

„Um der Vermutung entgegenzutreten“, dass Gabriels Schreiben „abgestimmten Postionen“ der Bundesregierung entspricht, „teile ich Ihnen die Auffassung des für das Dossier zuständigen Bundesumweltministeriums mit“, schreibt Flasbarth. Und zwar: „Eine anspruchsvolle Post-2020-PKW-Regulierung mit verbindlichen Zwischenzielen für das Jahr 2025“ sei Voraussetzung, die europäischen Klimaziele zu erreichen.

Die Kommission entschloss sich zu einen Kompromiss: Sie zog ein 15-Prozent-Ziel für 2025 ein, hält sich bei Sanktionen aber bedeckt.

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