EU-Finanzministertreffen zu Griechenland: Der Schuldenberg ruft

Alle Auflagen sind erfüllt, doch die EU-Politiker wollen keinen Schuldenschnitt. Sie fordern Reformen und wollen die Tarifautonomie aushebeln.

Hände in weißen Handschuhen und gespreizten Fingern sind in die Höhe gestreckt

Gehörlose demonstrieren in Athen gegen die Austeritätspolitik Foto: dpa

BERLIN taz | Was soll mit den griechischen Schulden passieren? Diese Frage wird das Treffen der Euro-Finanzminister am Montag dominieren. Finanzminister Schäuble lehnt einen Schuldenschnitt ab.

„Athen muss endlich die nötigen Reformen machen“, sagte er der Bild am Sonntag. „Wenn Griechenland im Euro bleiben will, führt kein Weg daran vorbei – und zwar völlig unabhängig vom Schuldenstand.“ Die griechischen Staatsschulden belaufen sich auf über 300 Milliarden Euro, was 179,2 Prozent der Wirtschaftsleistung entspricht. Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt schon seit Jahren, dass diese Schuldenlast nicht tragfähig ist. Der Fonds ist daher aus dem Rettungsprogramm für Griechenland ausgestiegen und wird sich erst wieder beteiligen, wenn es zu einem Schuldenschnitt gekommen ist. Derzeit sind die IWF-Experten nur als Berater in Athen tätig.

Die Eurogruppe befindet sich in einem Dilemma. Sie will keinen Schuldenschnitt – aber den IWF zurückgewinnen. Der Chef des Euro-Rettungsschirms ESM, Klaus Regling, wurde daher beauftragt, einen Ausweg zu skizzieren. Sein Konzept will die Laufzeiten der Rettungskredite weiter verlängern und die Zinsen erneut reduzieren. Momentan muss Griechenland auf seine ESM-Kredite noch etwa ein Prozent Zinsen und Gebühren entrichten. Die griechische Schuldenlast würde im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung um 21,7 Prozentpunkte sinken – bis zum Jahr 2060.

Im Gegenzug verlangt die Euro-Gruppe weitere Reformen – obwohl die Europäer zugeben müssen, dass die Griechen eigentlich alle Auflagen erfüllt haben. Lobend heißt es auf der ESM-Homepage: „Das Land ist die führende Wirtschaft, wenn es darum geht, die OECD-Empfehlungen für strukturelle Reformen umzusetzen.“

Tarifautonomie in Gefahr

Trotzdem verlangen die Euro-Finanzminister nun, dass die Tarifautonomie in Griechenland ausgehebelt wird. Die Gewerkschaften dürften nicht mehr für ganze Branchen verhandeln, sondern nur noch für einzelne Betriebe. „Diese Forderungen verstoßen gegen die Europäische Grundrechtecharta und gegen die europäische Sozialcharta“, kritisiert der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold.

Das griechische Fährpersonal ist bereits in den Ausstand getreten. Ursprünglich sollte der Schiffsverkehr nur am Freitag und Samstag ausfallen; nun wurde der Streik bis Dienstagmorgen verlängert.

Sven Giegold, Grüne

„Die Forderungen verstoßen gegen die Grundrechtecharta“

Der Streik auf den Fähren ist symptomatisch: Die Zustimmung für die Syriza-Regierung sinkt dramatisch. Sie käme nur noch auf 16 Prozent der Stimmen.

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