EU-Bericht über soziale Lage: Die soziale Frage

In der Eurozone sind 18,8 Millionen Menschen ohne Arbeit, in der gesamten EU sind es sogar 26 Millionen. Dramatisch ist die Lage der Jugend.

Jugendliche leiden am meisten unter der Arbeitslosigkeit in Spanien und Griechenland. Bild: dpa

MADRID taz | Die Diagnose von EU-Sozialkommissar László Andor ist deutlich: „2012 war ein weiteres miserables Jahr für Europa“, erklärte er gestern in Brüssel, als er den aktuellen Beschäftigungs- und Sozialbericht für Europa vorstellte. Von der erneuten Verschlechterung sind vor allem die südeuropäischen Krisenländer, Spanien, Griechenland, Portugal und Zypern, aber auch die Slowakei, Estland und Irland betroffen.

„Durch die anhaltende Krise wächst überall die Gefahr der dauerhaften Ausgrenzung“, konstatiert der EU-Kommissar. Die Arbeitslosenquote in der EU ist auf 10,6 Prozent gestiegen. Zu Beginn der Krise im Jahr 2008 waren es nur 7,1 Prozent. In der Eurozone liegt die Quote bei 11,8 Prozent.

Hier waren Ende November 18,82 Millionen ohne Arbeit. Das sind zwei Millionen mehr als im Vorjahr. In der gesamten EU sind 26 Millionen ohne Job.

Die EU zerfällt zusehends in Arm und Reich. Im Jahr 2000 lag die Arbeitslosigkeit der südlichen Länder 3,5 Prozent über der im Norden. 2007 lag die Beschäftigungsquote sogar gleich auf. Jetzt ist der Unterschied auf 7,5 Prozent angestiegen.

Andor spricht von einem „besorgniserregenden Trend“. In Österreich waren Ende November 2012 gerade einmal 4,5 Prozent ohne Arbeit, in Luxemburg 5,1 und in Deutschland 5,4 Prozent. Demgegenüber liegt die Arbeitslosenquote in Griechenland bei 26 Prozent.

Am meisten verlor Spanien. Waren zu Beginn der Krise 8 Prozent ohne Job, sind es jetzt 26,6 Prozent. Damit ist mehr als jeder vierte Arbeitslose in der Eurozone Spanier.

Der Graben zwischen Süd und Nord

Die Entwicklung im Süden Europas stehe – so der Sozialkommissar – „im krassen Gegensatz zu der Lage in den Nordländern, Deutschland, Polen und Frankreich“. Während das Haushaltseinkommen in diesen drei Ländern 2012 stieg, sank es in zwei Drittel der EU-Staaten.

In Griechenland haben Familien gegenüber 2009 im Schnitt 17 Prozent weniger Geld, in Spanien 8 und auf Zypern 7 Prozent weniger. In Portugal werden die Menschen 2013 durch neue Steuergesetze im Schnitt einen Monatslohn einbüßen. In Spanien stieg die Zahl derer, die mehr als 40 Prozent des Haushaltseinkommens für die Wohnung ausgeben, von 22 Prozent im Jahr 2007 auf über 40 Prozent 2011.

Ein Ende des Auseinandertriftens von Nord und Süd ist nicht in Sicht. So vergeht in Spanien kein Tag, an dem nicht irgendein Großbetrieb Massenentlassungen ankündigt.

Betroffen sind vor allen die Jungen

Alleine in der Bankenbranche sollen 20.000 Stellen verloren gehen. Seit Krisenbeginn wurden bereits 33.000 Stellen abgebaut. Am schlimmsten von der Arbeitslosigkeit betroffen sind Menschen unter 25 Jahren.

#In Spanien sind in dieser Altersgruppe 56,6 Prozent ohne Arbeit, in Griechenland sogar 57,6 Prozent. Spanien ist längst wieder Auswanderungsland. Rund 50.000 gut ausgebildete Spanier haben 2012 Arbeit in Deutschland gefunden.

Hoffnungen auf baldige Besserung kann Andor keine machen. "Es ist unwahrscheinlich, dass sich die sozioökonomische Lage in Europa 2013 wesentlich verbessern wird", warnt Andor. Das von der EU gesteckte Ziel, 2020 bei den 20- bis 64-Jährigen eine Beschäftigungsquote von 75 Prozent zu erreichen, sei allerdings immer schwerer zu erfüllen, räumt Andor ein. 2011 lag diese Quote bei 68,6 Prozent, 2008 waren es noch 70,3 Prozent.

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