EMtaz: Fußballschauen mit Kindern: „Boateng muss wieder rein!“

Falsche Einwechslungen waren der Grund für Deutschlands Niederlage. Außerdem hätte Löw zwei Torhüter aufstellen müssen.

James Chester und Hal Robson-Kanu von Wales mit ihren Töchtern auf dem Spielfeld

Fußball und Kinder? Laut Uefa ist eine EM keine Familienveranstaltung. Laut unserem Autor hingegen schon Foto: ap

So eine EM, so wunderschön wie diese … Aber jetzt ist Schluss. Für die Kinder jedenfalls. Denn das war der Deal: Wenn ihr das Halbfinale sehen wollt, am späten Donnerstag um neun, trotz Schul- und Kitatag am nächsten Morgen, dürft ihr das Finale am Sonntagabend nur noch gucken, wenn Deutschland noch dabei ist. Ist es aber nicht. Also Ende. Können wir nichts dafür, dass die Zeiten so familienfeindlich sind. Bei Frankreich gegen Portugal reicht Video.

Ist das jetzt nationalistisch? Nein, pragmatisch. Wir sind ja bereit, auf alle triftigen Argumente einzugehen, und sehen ein, dass es in einer „JÜL-Klasse“ mit Erst- bis Drittklässlern („jahrgangsübergreifendes Lernen“) jahrgangs- und geschlechterübergreifend wichtig ist, jedes Deutschlandspiel gesehen zu haben. Aber für Ronaldo oder Ronalno muss eine 6-Jährige nicht aufbleiben. Sind eh nicht jugendfrei, dem seine Mackerposen.

Wie die EM ausgeht, ist den Kindern ohnehin unwichtig. Aus Angst sich festzulegen und dann als Verlierer dazustehen, waren sie „für den Ball“ (Sohn), „weil der am meisten Tore schießt“ (Tochter). Am Tag nach dem Halbfinale fragte der Sohn ratlos: „Was soll ich anziehen – Frankreich oder Deutschland?“ Hauptproblem: „Von Frankreich habe ich nicht den Besten – die 15.“

Es ist jetzt an der Zeit für unsere EM-Bilanz: „Das Beste: Dass man sich wirklich – toi, toi, toi – ganze vier Wochen lang auf den Ball konzentrieren konnte, trotz Terror und EU-Krise, von denen die Kinder zum Glück nix wissen. Dafür kennen sie die Fußballregeln inzwischen besser als ich.“

„Herr Stegen und Yann Sommer zusammen ins Tor“

Endgültige Erklärung der Abseitsregel: „Wenn keine Abwehr da ist.“ (Sohn, 5). Letzte Lieblingsmannschaft: Frankreich. Ausgewaschenes blaues Trikot sofort nach dem 0:2 angezogen. Über das neongrüne Neuer-Shirt, das bis zur 72. Minute überlebenswichtig gewesen war. Kommen wir jetzt zum Lokalpatriotismus.

Heimlicher Europameister: der Club. Erstens schossen wir eines der geilsten Tore (Ungarn-Stieber), zweitens traf auch Fast-Noch-Clubberer Alessandro Schöpf (für Österreich), drittens wurde Clubspieler-Sohn Sané („der mit den Riesenkopflocken“) eingewechselt. Aber vor allem hat sich Deutschland (zweimal „Handballfehler“) so clubberisch verabschiedet, wie es nicht einmal der Club geschafft hätte.

Unsere Traumelf: Kurz vor Schluss gegen Frankreich überlegen die Kinder, wen Jogi Löw jetzt einwechseln könnte, um Deutschland noch zu retten. Die Vorschläge, in chronologischer Reihenfolge: „Ronaldo!“, „die ganze portugiesische Mannschaft!“, „Bale“, „Griezmann!“, „Boateng muss wieder rein!“, „Herr Stegen und Yann Sommer zusammen ins Tor“, „Ibrahimovic!“, „Xhaka!“, „Lukas Podolski“, „Lewandowski“, „Philipp Lahm!“, „Xhaka!“

Ganz klar: So werden wir Weltmeister 2018. Ich freue mich schon darauf.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

seit 1999 bei der taz, zunächst im Inland und im Parlamentsbüro, jetzt in der Zentrale. Besondere Interessen: Politik, Fußball und andere tragikomische Aspekte des Weltgeschehens

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.