Dutzende Tote bei neuem Schiffsunglück: Das Mittelmeer wird zum Friedhof

Bei einem neuen Bootsunglück kommen vor Lampedusa mindestens 34 Menschen ums Leben. Malta fordert die EU zum Handeln auf.

Die ersten Rettungsmaßnahmen, zu sehen in einem Videoausschnitt der Marine. Bild: ap

ROM/BERLIN dpa | Nach dem neuen Schiffsunglück vor der italienischen Insel Lampedusa hat die Regierung von Malta die Europäische Union zum Handeln aufgerufen. Malta fühle sich von der EU im Stich gelassen, sagte Ministerpräsident Joseph Muscat am Samstag in einem BBC-Interview. „Bisher hören wir von der EU nur leere Worte“, sagte Muscat, dessen Land direkt von der Flüchtlingskrise betroffen ist.

Die Zahl der Opfer der neuen Flüchtlingstragödie im Mittelmeer stieg unterdessen auf 34. Die meisten Leichen seien nach Lampedusa, einige nach Malta gebracht worden, berichtete die Nachrichtenagentur ANSA am Samstag unter Berufung auf italienische Behörden. Insgesamt hätten 206 Menschen gerettet werden können.

Das Flüchtlingsboot war am Freitag zwischen Malta und Lampedusa gekentert. Zu dem Unglück soll es gekommen sein, als Passagiere versucht hätten, eine maltesische Patrouille auf ihr Schiff aufmerksam zu machen.

Erst eine Woche zuvor hatte sich vor Lampedusa eine Schiffstragödie ereignet, nach der bislang 339 Leichen geborgen wurden. 155 Flüchtlinge hatten den Schiffbruch überlebt. Nach ihren Angaben sollen insgesamt 545 Menschen an Bord gewesen sein. Damit wäre das Schicksal von 51 Flüchtlingen noch ungeklärt.

Maltas Ministerpräsident Muscat kündigte an, sein Land werde in der EU auf eine Änderung der Einwanderungsbestimmungen drängen. „Ich weiß nicht, wie viele Menschen noch sterben müssen, bevor etwas geschieht. Wie die Dinge im Moment stehen, machen wir unser eigenes Mittelmeer zum Friedhof“, sagte Muscat.

„Eine Schande für Europa“

Kritik an der europäischen Asylpolitik übte der Münchner Erzbischof Reinhard Marx. „Hinter der Tragödie von Lampedusa steckt der Gedanke, möglichst zu verhindern, dass jemand europäischen Boden betritt", sagte er am Freitagabend vor dem Diözesanrat in Freising. „Auch wenn Europa nicht jeden aufnehmen kann, dürfen wir niemanden an den Grenzen zu Tode kommen lassen.“

Die SPD-Bundestagsfraktion bezeichnete die Zustände vor und auf Lampedusa als „eine Schande für Europa“. Europa werde seinen eigenen Ansprüchen von Freiheit und Menschenrechten nicht gerecht, kritisierte ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Thomas Oppermann. Die unkontrollierte Einwanderung von Flüchtlingen müsse durch eine gemeinsame Einwanderungspolitik der EU ersetzt werden. „Es ist falsch, dass die Bundesregierung dies bislang verhindert hat“, kritisierte Oppermann.

Trotz der jüngsten Tragödien machen sich immer mehr Bootsflüchtlinge von Nordafrika aus auf den Weg nach Europa. Die italienische Küstenwache fing ein weiteres Schiff mit 183 Flüchtlingen kurz vor der Küste der winzigen Mittelmeerinsel ab. Weiterhin half sie 85 Migranten, die etwa 85 Seemeilen südlich von Lampedusa festsaßen.

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