Drygalla-Debatte im Sportausschuss: Frei zur Beförderung

Hätte man die Debatte um Drygalla vermeiden können? Das ist die einzige Frage die den Sportausschuss im Bundestag interessiert.

Macht sich Sorgen, dass Fälle wie der von Nadja Drygalla in London sich wiederholen könnten: Dagmar Freitag (SPD). Bild: dpa

Ein breites Kreuz hat sich Ruderin Nadja Drygalla durch ihren Sport antrainiert. Doch es dürfte noch breiter geworden sein, bei all der Rückendeckung, welche die Ruderin seit Bekanntwerden ihrer Beziehung zu dem Nazikader Michael Fischer und ihrer vorzeitigen Abreise von den Olympischen Spielen aus London erhalten hat.

Nach einem kurzen medialen Sturm meldeten sich etliche Politiker und Sportfunktionäre, um der Sportlerin beizustehen. Von Verteidigungsminister Thomas de Maizière („menschlich eindrucksvolle Distanzierung“) über den Ministerpräsidenten Mecklenburg-Vorpommerns Erwin Sellering („Nach unserer Auffassung ist ihr nichts vorzuwerfen“) bis zu Siegfried Kaidel, Vorsitzender des Deutschen Ruderverbandes („Der Verband steht voll hinter der Athletin“).

Inzwischen gilt Drygalla als rehabilitiert. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten rang sie sich zu einer Distanzierung von der politischen Einstellung ihres Freundes durch und wurde daraufhin eilig in den wärmenden Schoß des deutschen Sports zurückgeholt. Ihre Nominierung für die Sportfördergruppe der Bundeswehr, die nach der Veröffentlichung ihrer Beziehung zurückgezogen wurde, hat der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) inzwischen erneut beantragt.

Einer Beförderung zur Sportsoldatin steht nun nichts mehr im Wege, obwohl die Ruderin aufgrund ihrer Beziehung zu Fischer noch vor einem Jahr ihre Ausbildung bei der mecklenburgischen Landespolizei quittierte und die dort angesiedelten Sportfördergruppe verließ. In der nichtöffentlichen Sitzung des Sportausschusses des Deutschen Bundestages am Mittwoch wurde dann auch nicht die Eignung Nadja Drygallas für die Teilnahme an internationalen Wettkämpfen diskutiert.

Keine Klärung

Stattdessen gingen die Abgeordneten, wie die Ausschussvorsitzende Dagmar Freitag (SPD) erklärte, der Frage nach, ob „kommunikative Defizite innerhalb des deutschen Sports zu der Diskussion um Drygalla geführt hätten“. Zur Beantwortung dieser Frage waren die Vertreter der Ruderverbände geladen, die lange vor den Olympischen Spielen von Drygallas Beziehung wussten, aber ihre Informationen für sich behielten, darunter Hans Sennewald, Vorsitzender des Landesruderverbandes Mecklenburg-Vorpommern und Vize-Chef von Drygallas Heimatverein.

Weitergekommen ist man in der Klärung des Sachverhalts indes kein Stück. Während DOSB-Generaldirektor Michael Vesper davon sprach, dass es „hilfreich wäre, wenn der Sportbund bereits vor der Nominierung der Athleten über Problemfälle informiert werden würde“, widersprachen ihm die Vertreter der Ruderverbände. Verbandschef Kaidel und seine mecklenburgischen Kollegen wollten keine Versäumnisse ihrerseits erkennen.

CDU-Ausschussmitglied Eberhard Gienger hätte sich zwar auch eine „bessere Kommunikation“ gewünscht, kritisierte aber vor allem die Journalisten, die Drygalla in „Sippenhaft“ genommen und einen „Sturm im Wasserglas“ erzeugt hätten. Dagegen verweist Linke-Vertreter Jens Petermann auf die massiven Probleme mit Rechtsextremisten in Sportvereinen und plädierte für einen „sensiblen Umgang mit etwaigen Informationen“.

Unabhängig von einer Bewertung des Falls hätten die Ruderverbände ihre Erkenntnisse über Drygalla an den DOSB weitergeben müssen. Das dies nicht geschehen sei, bezeichnete er als „Fehler“. Bei diesem Meinungsaustausch blieb es, so dass Dagmar Freitag im Anschluss konstatierte: „Aus meiner Sicht besteht weiter die Gefahr, dass sich solche Fälle wie in London auch in Zukunft wiederholen könnten.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.