Doku über Homosexualität in DDR: Raus aus den Toiletten

Der Film "DDR unterm Regenbogen" beleuchtet das schwul-lesbische Leben im ehemaligen deutschen Osten. Die Machart schwankt zwischen bieder und absurd.

Unterm Regenbogen: Der Film zeigt einen unverklärten Blick auf das schwul-lesbische Leben in der DDR. Bild: imago

Der Tag des Mauerfalls ist gleichzeitig der Tag der Uraufführung des ersten schwulen DDR-Films. Die Premierengäste von "Coming Out" im Kino International waren am 9. November 1989 auch Zeugen des Endes der DDR. Jochen Hick und Andreas Strohfeldt nähern sich der Thematik in ihrer Dokumentation "DDR unterm Regenbogen" genau aus dieser Perspektive an.

Vier schwule Männer und eine lesbische Frau erzählen authentisch ihre persönliche Lebensgeschichte. Über eine Zeit, in der der Paragraf 151 (in der BRD 175) noch in Kraft war, der sexuelle Handlungen zwischen Homosexuellen unter Strafe stellte, kämpften die Protagonisten für ihre Rechte. Alle sind sie von kommunistischer Erziehung geprägt und flüchten zunächst vor ihrer Sexualität.

Christian Pulz empfindet seine Homosexualität als Sünde und vergräbt sich in einem Theologiestudium. Marina Krug sucht nach ihrer lesbischen Identität und stellt 1983 ihren ersten Ausreiseantrag. Klaus Laabs, Sohn eines Staatsfunktionärs, studierte in Moskau und hörte den Satz: "Wenn du dir Mühe gibst, geht das wieder weg."

Der Dokumentarfilm "DDR unterm Regenbogen" läuft am 10.11.11 um 23:35 Uhr auf dem RBB.

Es sind aber auch Geschichten von Menschen, die keine Lust mehr hatten, sich in öffentlichen Parkanlagen und Toiletten zu treffen. Schon vorher hatte ein Film zu einer kleinen schwul-lesbischen Revolution in der DDR beigetragen. Im Jahr 1973 sah sich Peter Rausch mit Freunden Rosa von Praunheims "Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt" an.

Die zentrale Botschaft "Raus aus den Toiletten, rein in die Gesellschaft" macht sich die Gruppe schwuler Männer zu eigen. Es kommt zur Gründung der Homosexuellen Interessengemeinschaft Berlin (HIB), der ersten ihrer Art im Osten.

Gedudel aus Achtzigersound und schlechten Instrumentalsongs

Doch nicht alle sind über eine offen gelebte Sexualität froh. Stimmen der Anpassung werden laut. Der Fotokünstler Andreas Fux war Stasispitzel und sollte Zusammenkünfte von Homosexuellen fotografisch festhalten, dafür bekam er 1.000 Mark für eine Kamera. Relativ schnell löste er sich aus der Maschinerie der Instrumentalisierung und sehnte sich nach einem Leben als Fotograf in Freiheit.

Regisseur Jochen Hick ist eigentlich für seine groben und ehrlichen Dokumentationen bekannt, wie über Stricher in "Sex/Life in L. A." oder über die Erwachsenenfilmindustrie in "Cycles of Porn". In "DDR unterm Regenbogen" fehlt diese wunderbar-unfertige Ästhetik, das Rohe. Die Doku wirkt nahezu brav und angepasst.

Das könnte auch dem RBB geschuldet sein, der vielleicht auf Nummer sicher gehen wollte. Filmisch wirkt Hicks und Strohfeldts Doku zumindest ein wenig veraltet. Der Titelschriftzug sieht aus wie Word-Art aus dem Microsoft Office, die Musik ist ein unerträgliches Gedudel aus Achtzigersound und schlechten Instrumentalsongs.

Den Höhepunkt erreicht die Absurdität in Szenen, an denen die Protagonisten an alte Schauplätze zurückkehren. Hier stand der Wunsch der Macher im Vordergrund, noch näher an die Menschen zu kommen. Dennoch tragen die starken Geschichten den ganzen Film. Sie erzählen von Wunschbildern und einer kruden Realität. Als Marina Krug endlich nach Westberlin ausreisen darf, tingelt sie direkt am ersten Abend durch die lesbischen Bars. Sie erzählt aus ihrer Vergangenheit mit strahlenden Augen. Doch sie musste sich eingestehen, dass der Westen nicht so aufgeklärt und progressiv war.

Eine Leistung des Films ist es, einen unverklärten Überblick über die Haltung der DDR zu Homosexuellen zu zeigen. Weil das in knapp 45 Minuten geschehen muss, kann aber nur ein kleiner Teil der homosexuellen Geschichte abgedeckt werden. "DDR unterm Regenbogen" wird außerdem zu einer unmöglichen Zeit ausgestrahlt - als ob man das Thema Homosexualität im Nischenprogramm verstecken müsste.

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