Dobrindt stellt Maut-Pläne vor: 600 Millionen Euro – aber für wen?

Kaum stellt Verkehrsminister Dobrindt erste Details zur neuen Maut vor, wachsen auch schon die Begehrlichkeiten von Ländern und Kommunen.

Will mit der Maut eine „Gerechtigkeitslücke“ schließen: Alexander Dobrindt. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Anspannung ist dem sonst so souveränen Alexander Dobrindt anzumerken, als er am Montag im Verkehrsministerium vor die Presse tritt. Seit einem Jahr hat die CSU kaum ein anderes Thema als die Maut, doch ein konkretes Konzept wurde immer wieder aufgeschoben. Heute will ihr wichtigster Minister endlich liefern. Zunächst liest er noch einmal die zentralen Begründungen für das Projekt ab: Dass Deutschland mit der Einführung einer Straßennutzungsgebühr auch für Ausländer eine „Gerechtigkeitslücke“ schließe und dass es „keine Mehrbelastung für deutsche Fahrzeughalter“ gebe.

Dann nennt Dobrindt erstmals konkrete Zahlen: Eine Jahresvignette soll im Schnitt 88 Euro kosten; der genaue Betrag richtet sich nach Hubraum, Schadstoffklasse und Herstellungsjahr des Fahrzeugs. Elektroautos oder auch Fahrzeuge von Schwerbehinderten, die bisher von der Kfz-Steuer befreit sind, zahlen keine Maut; der Höchstpreis liegt bei 103 Euro für Benzin- und bei 112 Euro for Dieselfahrzeuge.

Eine Mehrbelastung für in Deutschland gemeldete Fahrzeuge soll dadurch verhindert werden, dass die Kraftfahrzeugsteuer genau um den Betrag der Maut reduziert wird. Dies, so räumte Dobrindt auf Nachfrage ein, gilt allerdings nur bei der Einführung. Bei möglichen späteren Maut-Erhöhungen gebe es „keinen Automatismus“, dass die Steuer weiter sinke.

Ausländische Kraftfahrer haben die Wahl zwischen verschiedenen Vignetten: Für 10 Tage sollen 10 Euro erhoben werden, für 2 Monate 20 Euro. Jahresvignetten können sie zu den gleichen Konditionen wie Inländer im Internet bestellen oder zum Höchstpreis an grenznahen Tankstellen erhalten.

Kühle Reaktion von Finanzminister Schäuble

Neue Zahlen nennt Dobrindt auch zu den erwarteten Mehreinnahmen durch die Maut: Nach Abzug der Kosten für Ausgabe und Kontrolle der Vignetten sollen jährlich 600 Millionen übrig bleiben – was deutlich unter früheren Schätzungen im Milliardenbereich liegt. Wohl um davon abzulenken, nennt der CSU-Minister am Montag keine Jahressumme, sondern spricht von 2,5 Milliarden Euro pro Legislaturperiode.

Völlig offen ist, wie viel von diesem Geld sich am Ende im Bundeshaushalt finden wird. Denn weil Dobrindt die Vignette nicht nur für Autobahnen, sondern für alle Straßen vorschreiben will, meldeten am Montag die Länder und Kommunen Begehrlichkeiten an. Diese müssten „an den Einnahmen beteiligt werden“, forderte der schleswig-holsteinische SPD-Verkehrsminister Reinhard Meyer in der Welt. Weil sich dieser Anspruch von der Logik her nicht nur auf die Zusatzeinnahmen aus dem Ausland, sondern auf die gesamte Mautsumme richten dürfte, könnte im Bundeshaushalt am Ende sogar ein Loch klaffen.

Entsprechend kühl fiel die Reaktion von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf Dobrindts Pläne aus. Man müsse nun prüfen, „wie die Kosten und die Einnahmen sind“, sagte er in Brüssel. Konkreter wollte sich sein Ministerium zu möglichen Einnahmeausfällen nicht äußern. Auch andere Ministerien lehnten eine Stellungnahme zu dem umstrittenen Vorhaben ab.

Die SPD will sich offenbar keine mangelnde Koalitionstreue vorwerfen lassen; im Koalitionsvertrag war die Maut ausdrücklich erwähnt worden. Die Sozialdemokraten hoffen, dass das Vorhaben an praktischen Problemen oder am Einspruch aus Brüssel scheitert. Wie die Maut EU-konform ausgestaltet werden könne, sei „noch nicht ganz eindeutig beantwortet“, sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi.

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