Diskussion um Google Street View: Innenminister warnt vor Schnellschüssen

Innenminister De Maizière bremst Forderungen nach gesetzlichen Regelungen für den Internetdienst Google Street View. Ministerin Aigner kritisiert, die Widerspruchsfrist sei zu kurz.

"I prefer not to be....": Reflexhafte Abneigung - ein deutsches Phänomen? Bild: dpa

BERLIN dpa/apn | Angesichts der Forderungen nach einem schnellen Eingreifen des Gesetzgebers gegen den umstrittenen Internetdienst Google Street View warnt Bundesinnenminister Thomas de Maizière vor übereilten Reaktionen. "Eine gesetzliche Regelung ist nicht unmöglich", sagte er den Stuttgarter Nachrichten. "Aber es wird keinen Schnellschuss geben." Die Bundesregierung werde nach einer umfassenden Bestandsaufnahme zeitnah Lösungsvorschläge vorlegen. Am Wochenende hatten mehrere Landesregierungen und Datenschutzbeauftragte eine schnelle Regelung des Umgangs mit Geodaten angemahnt.

Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) kritisierte die Widerspruchsfrist, die Google anbietet. Hausbesitzer und Mieter können von Google innerhalb von vier Wochen verlangen, dass ein Foto ihrer Immobilie oder ihrer Wohnung nicht ins Internet gestellt wird. Aigner sagte im Bayerischen Rundfunk: "Die Widerspruchsfrist für die jetzt 20 betroffenen Städte (...) halte ich für zu kurz, vor allem für diejenigen Bundesländer, die jetzt gerade in den Ferien sind. Da halte ich eine Verlängerung für zwingend erforderlich." Sie werde daher weiter mit Google verhandeln.

Auch der SPD-Innenpolitiker Sebastian Edathy kritisierte die Frist als zu kurz. "Das ist lächerlich", sagte er Handelsblatt Online. "Entweder Google ist dazu bereit, dass Betroffene jederzeit Widerspruch einlegen können - die entsprechende Abbildung der Liegenschaft ist dann zu schwärzen -, oder der Bundestag muss das klarstellen."

Edathy sprach sich für ein spezielles Datenschutzgesetz für das Internet aus. Aufgrund der wachsenden technischen Möglichkeiten des Internets müsse darin klar definiert sein, "was zulässig ist und was nicht". Der SPD-Politiker nannte es problematisch, dass Google nach geltender Rechtslage wie jeder Privatmann auch Fotos des öffentlichen Straßenraums machen dürfe.

Die Grünen werfen der Bundesregierung "Komplettversagen" vor. Seit Monaten sei bekannt, dass Street View von der bisherigen geltenden Rechtslage nur unvollständig erfasst werde und dass die Bürger zu Recht einen gesetzlich verbürgten Schutz einforderten, sagte der Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im Bundestag, Volker Beck, Handelsblatt Online. Es sei schon sonderbar, wenn die tapferste Tat von Regierungsmitgliedern darin bestehe, einen Widerspruch gegen die Darstellung ihres Privathauses einzureichen. Untzer anderem hatte FDP-Vizekanzler Guido Westerwelle mitgeteilt, dass er sein Haus nicht im Internet veröffentlicht sehen wolle. Ziel einer gesetzlichen Regelung sollte sein, so Volker Beck, sowohl wichtige Gemeinwohlinteressen als auch die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger im Blick zu behalten.

Auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen appelliert an die Politik, rasch klare Bedingungen für Straßenansichtsdienste im Internet zu schaffen. Es bedarf einer gesetzlichen Verankerung des Recht auf Widerspruchs. Dennoch warnen die Verbraucherzentralen vor überzogenen Reaktionen. "Das Ausmaß der aktuellen Debatte trägt eher zur Verunsicherung, denn zur Sensibilisierung bei", so Falk Lüke, Referent im Verbraucherzentralen-Projekt "Verbraucherrechte in der Digitalen Welt". Auf dessen Internetseite lassen sich auch Informationen dazu finden, wie Einspruch gegen das ins Netz stellen von Häusern und Wohnungen erhoben werden kann.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen kritisiert Google für das Vorpreschen im Alleingang, ohne sich mit der Politik, den Daten- und Verbraucherschützern in Deutschland abgestimmt zu haben. Dadurch nähre Google die Angst, dass die kurze Frist zum Widerruf nur eine Beruhigungspille ist, die Verbraucher am Ende jedoch vor vollendete Tatsachen gestellt würden.

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