Diskriminierungsfreies Beleidigen: Nazis richtig beschimpfen

Der Pirat Daniel Schwerd schlug vor, Nazis als Judenschweine zu beschimpfen. Mies. Eine Anleitung zum diskriminierungsfreien Beleidigen.

Rechte in Berlin-Marzahn. Schnauze – auch kein schönes Wort. Das ist speziesistisch. Bild: dpa

Hure, Mongo, Schwuchtel. Bei Beleidigungen wie diesen ist die Diskriminierung von Minderheiten offensichtlich. Doch auch bei abstrakteren Begrifflichkeiten wie Arschloch oder dem Adjektiv adipös werden Randgruppen diskriminiert. Für Schwule und Menschen mit höherem Gewicht können diese Worte verletzend sein.

Eigentlich wollte der Berliner Abgeordnete Christopher Lauer mit seinem Tweet eine NPD-Kandidatin beleidigen: „Jung, frech, adipös“. Doch angegriffen fühlten sich vor allem andere Twitter-Nutzer.

In der Diskussion reagierte auch Daniel Schwerd, Piratenmitglied und Abgeordneter des NRW-Landtags, auf Lauers Tweet. Seine These: Es sei in Ordnung Nazis als „Judenschweine“ zu bezeichnen, wenn man sie damit treffe. In seinem Blogeintrag rudert er inzwischen zurück: „Dass dadurch Dritte beleidigt werden, tut mir sehr leid. Bei den Menschen, die dadurch angegriffen sind, ohne Nazis zu sein, möchte ich mich ganz herzlich entschuldigen.“

Doch wie beschimpft man, ohne von Diskriminierung betroffene Menschen zu verletzen? Die Funktion einer Beleidigung ist, Menschen mit einer Bezeichnung abzuwerten. Das einfachste Mittel dafür ist, sie als etwas zu bezeichnen, was in der heteronormativen Gesellschaft als minderwertig angesehen wird – also alles, was nicht weiß, hetero und männlich ist oder nicht den vermeintlichen körperlichen oder geistigen Normen entspricht. Das Problem: Wenn man Beleidigungen benutzt, die sich auf diese nichtweißen, nichtheterosexuellen, nichtmännlichen Gruppen beziehen, erkennt man damit gleichzeitig die angebliche Minderwertigkeit an. Man übernimmt die Narration der Herrschenden. Doch es gibt Alternativen:

Ich-Aussagen: Nerv‘ mich nicht, mir wird übel, ich muss kotzen.

Beleidigen mit Fäkalsprache: Du Stück Scheiße, Kot, Dreckhaufen.

Dinge: Du Flasche, Eimer, Platte.

In Richtung der Mächtigen beleidigen: Yuppie, Geldsack, Macker.

Was nicht geht: jegliche Beleidigungen, die sich auf vermeintliche Nicht-Intelligenz beziehen. So werden Menschen diskriminiert, die aus welchen Gründen auch immer nicht den „Normen“ entsprechen. Doch Normen sind immer konstruiert. Auch tierische Beleidigungen sind keine Alternative. Denn auch „dumme Kuh“, „faule Sau“ oder „Affe“ diskriminieren – Tiere. Auch sie sind Unterdrückte im Herrschaftssystem des weißen Mannes.

Um jemanden wirklich effektiv zu beleidigen, gilt es, den Punkt zu benennen, der den Menschen am meisten trifft. Das ist natürlich situativ sehr unterschiedlich. Auch der NRW-Pirat Schwerd hatte versucht, diesen Punkt der Nazis zu treffen. Doch mit den falschen Mitteln. Man muss treffen, was ihnen am wichtigsten ist – Deutschland. Die oben genannten Strategien kann man dabei willkürlich mixen: Dreckspack, ich kotz im Strahl, scheiß Kartoffeln.

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