Die Zukunft Venezuelas: Das Öl und die Macht liegen links

Die Konservativen wollen die Inflation bekämpfen und die Kaufkraft stärken. Ihre Gefahr für Maduro hängt von ihrer Mehrheit im Parlament ab.

Ein Mann hält eine venezolanische Fahne aus einem Auto

Die Opposition jubelt, aber wer das Land beherrschen wird, ist noch nicht klar. Foto: dpa

BUENOS AIRES taz | Ist das das Ende des Sozialismus des 21. Jahrhunderts, erfunden von dem vor knapp drei Jahren verstorbenen Hugo Chávez? Venezuela besitzt ein Präsidialsystem mit einer mächtigen Exekutive, eben dem Präsidentenamt. Zudem hat in Venezuela die wirtschaftliche Macht, wer den Zugriff auf den Reichtum des Landes hat: das Öl. Mit der Verstaatlichung des Ölsektors haben zuerst einmal der jeweilige Präsident und seine Regierung die Verfügungsgewalt.

Wie viele Stimmen in absoluten Zahlen jeweils an die Bündnisse von Opposition und Regierung gegangen sind, ist noch nicht bekannt – allerdings, dass immerhin 72 DirektkandidatInnen der Opposition eine Mehrheit der Stimmen errangen und nur 24 aus dem Regierungslager. Bei den über die Listen zu vergebenden Mandaten sieht es für die Chavistas nicht ganz so verheerend aus. Da konnte sie mindestens 22 Mandate erringen, die Opposition 27.

Offen ist, mit welcher Mehrheit die Opposition zum ersten Mal seit der Machtübernahme von Hugo Chávez im Jahr 1989 ein wichtiges Verfassungsorgan erobert haben. Nach den Zahlen vom Montag hatte das 21-Parteien-Bündnis MUD lediglich die einfache Mehrheit sicher. Mit ihren bisher 99 gewonnen Mandaten liegt sie unumkehrbar über der nötigen Anzahl von 87 Sitzen. Erreichen die Konservativen nur einen weiteren Sitz, hätten sie eine Drei-Fünftel-Mehrheit. Kommen sie am Ende sogar auf 111 Mandate, verfügten sie über eine Zwei-Drittel-Mehrheit.

Daumenschrauben für den Präsidenten

Je nachdem, welche dieser der drei Stufen die Opposition erklimmt, kann sie der Regierung unterschiedliche strenge Daumenschrauben anlegen. Reicht die einfache Mehrheit lediglich dazu aus, den Präsidenten zu piesacken, stünden ihr bei einer qualifizierten Mehrheit andere Möglichkeiten offen.

Schon mit einer Drei-Fünftel-Mehrheit könnte sie verhindern, dass Nicolás Maduro die kommenden Jahre mit einem Vollmachtsgesetze regiert, mit denen der Präsident Entscheidungen in den Bereichen Wirtschaft und nationaler Sicherheit ohne das Parlament treffen kann. Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit könnte sie die Bildung einer Verfassunggebenden Versammlung anschieben oder Änderungen an der bestehenden Verfassung beschließen. Zudem wäre es ihr möglich, den Obersten Gerichtshof neu zu besetzen.

Die Opposition hat als erste Schritte vor allem wirtschaftspolitische Maßnahmen angekündigt – gegen die galoppierende Inflation und für eine Stärkung der Kaufkraft. Ferner will sie die Rückführung der durch die durch die immense Korruption ins Ausland transferierten Vermögenswerte angehen. Die Konservativen wollen zudem eine Amnestie für die rund 70 politischen Gefangenen durchsetzen, darunter für den in einem umstrittenen Prozess zu 13 Jahren und neun Monaten Haft verurteilten Oppositionspolitiker Leopoldo Lopéz.

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