Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Rutte trifft nach Flanke Erdoğan, Merkel-Wasser bricht den Trump-Stein, und der Flüchtlingsdeal wird im September aktuell.

Ein Mann in Anzug und Hemd und nach hinten gegelte graue Haare schneidet eine ratlose Grimasse

Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders Foto: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: SPD jetzt mit zwei Vorsitzenden: einem guten und einem neuen.

Und was wird besser in dieser?

Sie könnten sich, einfach aus Gründen der Abwechslung, abstimmen und vertragen.

Geert Wilders ’ Partei hat bei der Wahl in den Niederlanden wesentlich schlechter abgeschnitten als befürchtet. Alles in Butter?

Flanke Erdoğan, Tor Rutte. Ein Jungsspiel übrigens, die Herren wählten eher Rutte, Wilders, CDA – Frauen machten die Linksgrünen stark und stramm christliche und calvinistische Parteien. Dem Namen nach haben im traditionell maximalliberalen Holland vier freidemokratische Parteien Einfluss auf die Regierungsbildung: VVD, D66, LinksGroen und die Illiberalen von Wilders. Dem Inhalt nach hat Rutte ein paar Scheiben eingeschmissen, bevor Wilders das Haus anzünden konnte. Der türkischen Familienministerin im eigenen Konsulat die Rede zu verbieten wirkt schon ein bisschen ungesellig im Land der offenen Wohnzimmer. Dass die Niederlande nun neben Tomaten, Popsongs, Käse auch duidelijke regels („klare Kante“) exportieren, ist neu. Bei aller Freude über den Sieg der Windmühlen gegen Don Quichotte Geert: Rutte wird beweisen müssen, dass er nicht gewählt wurde, weil er der nettere Wilders ist.

Auch im Saarland und in Sachsen-Anhalt sollen Wahlkampf-Auftritte türkischer Politiker verboten werden – dabei waren gar keine geplant. Geht ’s plumper?

Abwarten. Die wahltaktische Lehre aus dem holländischen Ergebnis könnte sein, kurz vor der Bundestagswahl das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei platzen zu lassen. Streit mit Erdoğan gewinnt offenkundig Wahlen, doch im September wird es nicht mehr ums türkische Referendum gehen. Also müsste man jetzt schon nachdenken, wie man den Provokateur aus Ankara im September sinnvoll nutzen kann. Kramp-Karrenbauer und Haseloff gerieren sich wie diese Leute, die sich für eine Runde durchs Frankfurter Bankenviertel einen Allrad-SUV zulegen. Kann man nicht brauchen, kostet einiges, sieht aber geil aus.

Merkel trifft auf Trump. Konnte sie da irgendwas richtig machen?

Wer immer im Stab der Kanzlerin auf die verwegene Idee gekommen war, das Thema „Duale Berufsausbildung in Deutschland“ zum Gesprächsthema vorzuschlagen, sieht seiner unweigerlichen Beförderung entgegen. Trump mag keine Akademiker und reüssierte als TV-Experte für Azubis („The Apprentice“). So hatte Trump etwas zu loben an Deutschland, Merkel wurde von mitgereisten Bossen als erfolgreiche sales directrice belobigt, und das Bündel an Meinungsverschiedenheiten drückte sich in der beiderseits vorteilhaften Geste des Nicht-handshakes aus. Der Klassenflegel sitzt neben der gutmütigen Verbindungslehrerin und denkt sich seinen Teil: Die Deutschen sollen sich was schämen über ihren erfolgreichen Export, sie sollen die Kohle in Rüstung anlegen, und was da gestern wieder los war in Schweden, mein Gott, Schweden! Die SPD adoptierte mal einen Wahlkampfsong längs der Zeile „Das weiche Wasser bricht den Stein“. Und SPD-Konzepte gehen ja gern mal auf, wenn Merkel sie umsetzt. Hofft Merkel.

Mit der Gesundheitsreform-Reform der Republikaner könnten 24 Millionen US-Amerikaner ihre Krankenversicherung verlieren. Kuschelig, was?

Obama cares, Trump doesn’t: Die „weiße Landbevölkerung“ habe am meisten von der gesetzlichen Krankenversicherung profitiert, und prompt bevorzugt Trump gewählt, sagen Analytiker. Etwa Paul Krugmann, Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften: „Vielleicht öffnet es ihnen die Augen, darunter zu leiden, dass die Reichen Steuererleichterungen bekommen.“

In Deutschland sollen 2018 die Ausgaben für Rüstung und innere Sicherheit steigen, die für Bildung und Forschung stagnieren. Wahlkampf vor Zukunft?

Rüstung und deren Kosten sind unpopulär, „mehr Polizei“ hingegen volkstümlich. Bildung und Forschung zentrale Hebel für mehr Gerechtigkeit, doch das hilft dem heute Abgehängten wenig, wenn sein Enkel Aussicht auf einen Studienplatz bekommt. Kurz: Diese Bundesregierung sagt ehrlich, wie ratlos rudernd es mit ihr weitergegangen wäre, wenn im Herbst dann nicht Wahlen gekommen wären.

Und was machen die Borussen?

Bei Rewe in Dortmund-Eichlinghofen fragt mich der Kassierer, ob ich Punkte sammle? Nein, das tut der BVB ja auch nicht. Dann wieder er: „Wollen Sie Dembele mitnehmen?“ Ich so: Hä? Bin ich Hoeneß? Bist Du Zorc? Ach so. „Wollen Sie den Beleg mitnehmen?“. Man wird nervös.

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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