Die Woche: Wie geht uns, Herr Küppersbusch?

Der Staat heißt bald „Apple“, deutsches Recht gilt nur dort, wo wir Bock haben, Elternmund tut Wahrheit kund, wenn es um stressige Kinder geht.

Mit zwei sich umarmenden Männern bemalte Frau

Warum finden die Jungs im Vatikan ausgerechnet irische Stecher nicht süß? Foto: ap

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Zeit für einen Trainerwechsel beim BVB.

Und was wird besser?

Schöne Erinnerungen an die Zeit vor dem Trainerwechsel.

Die Vorratsdatenspeicherung wurde im Bundestag durch die Große Koalition beschlossen und kommt damit bald. Haben Sie schon Angst um Ihre Daten?

Im Januar bekam ich eine Telefonrechnung, die 800 Prozent über meinem gewohnten Verbrauch lag. Seither warte ich auf die beantragte Herausgabe meiner Verbindungsdaten. Ich habe also keine Angst, dass das neue Gesetz etwa Verbrauchern nutzen könnte. Fußnote: Das von der Union ausgegebene Wording „Mindestspeicherfrist“ scheint gescheitert, das darf man als Punkt für die kritische Öffentlichkeit buchen. Hauptsache: Was, wenn der Staat – allein, weil es technisch möglich ist – von jedem Bürger auf Vorrat Fingerabdrücke verlangte? Na ja, dann hieße der Staat „Apple“ und wir hätten ihn echt lieb.

Der Kita-Streik geht weiter. In Hamburg demonstrierten Eltern für ein Ende der Arbeitsniederlegung. Geht’s noch?

Elternmund tut Wahrheit kund: „Erzieherberuf aufwerten, Kita-Streik beenden“ klingt nach harmonischen Elternabenden mit der Kita-Belegschaft. Dieser Spin der Hamburger Demo scheint doch stark dem Wissen der Eltern Rechnung zu tragen: Was für ein Stressjob es mitunter ist, auf ihre Kinder aufzupassen.

Die Kläger sind gescheitert und die USA darf weiter munter ihre deutsche Basis in Ramstein nutzen, um den Jemen zu bombardieren. Wer spinnt hier eigentlich mehr – die US-amerikanischen Drohnenpiloten oder das deutsche Gericht?

Der „Spielraum der Bundesregierung“ – wobei man sich so einen Drohnenbunker nur schwer als „Spielraum“ vorstellen möchte – dürfe „aus Gründen der Gewaltenteilung gerichtlich nur eingeschränkt überprüft werden“. Mit diesem Nebensatz des Grauens lehnte das Gericht die Klage der Drohnen-Opfer aus dem Jemen ab. Zu Deutsch: Deutsches Recht gilt dort, wo wir Bock haben, es anzuwenden. Regierungssprecher Seibert hatte kürzlich von der Kanzlerin ausgerichtet: Auf deutschem Boden hätten sich alle an deutsches Recht zu halten. Das sei ein „Ziel, und dickes Brett“. Also kein vollendeter Zustand und etwas, was man regierungsseitig offenbar gern vorm Kopf trägt. Das Urteil ist Weihnachten für Verschwörungstheoretiker von der „Deutschland ist nicht souverän“-Fraktion.

Der Fifa-Skandal schockiert. Dabei wusste doch die ganze Welt um den korrupten Funktionärshaufen. Sie auch?

Ab einem gewissen Grad von medialer Empörung fiel es schwer, sich vorzustellen, eine Korruptionsaffäre, etwa um die Spitzenfunktionäre der UN, hätte vergleichbare Welle machen können. Ich wiederhole mein Kleinschreibgebot für Fifa, Uefa und andere Mafia-ähnliche Strukturen. Wenn man etwa Siemens als Verein organisieren würde, hätten die auch reichlich Ärger mit Compliance und irgendwelchem Demokratiekram. In diesem Sinne begrüße ich die Initiative des Bremer Senats, Fußballkonzernen Rechnungen für Polizeieinsätze zu schicken. Im Blatterland gibt es übrigens auch keine freie Meinungsäußerung, die Kameras im Stadion gehören den Ausrichtern und wir bekommen zu sehen, was sie zensiert haben. Für große Unterhaltungskonzerne sind sie milieugerecht kriminell.

Die Schweiz veröffentlich die Namen von mutmaßliche Steuersündern im Internet. Geschieht ihnen recht, oder?

Die „Eidgenössische Steuerverwaltung“ hat dem BILDblog bestätigt: „Aus unserer Sicht ist da gar nichts neu.“ Die Schweizer Sonntagszeitung hatte, angepfeffert mit dem Namen eines Bismarck-Sprosses, die gängige Praxis der Behörden verschlagzeilt. Und viele schrieben ab.

Homo-Ehe: gemäß dem Vatikan eine „Niederlage für die Menschheit“. Ja, gegen wen hat denn die Menschheit verloren?

Ich kann nicht nachvollziehen, warum die Jungs im Vatikan ausgerechnet irische Stecher nicht süß finden. Frankreichs Katholiken haben als Vatikanbotschafter einen offen schwulen Diplomaten benannt. Der wartet seither auf seine Bestätigung.

Und was machen die Borussen?

Fähnchen, Hütchen, Liedchen, Choreo – VW ließ nichts aus, seinen Werksclub als professionell durchorganisierte Castingshow zu präsentieren beim Pokalfinale. Dagegen Dortmund! Schnörkellos gut betrunken und Benehmen wie offene Hose: reichlich Pyro und ein letztes Mal große Liebe. Jürgen Klopp geht, neben anderen Verdiensten, auch als Erfinder der Vollgasmelancholie, in die schwarz-gelbe Geschichte ein.

FRAGEN: MAB, MAF

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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