Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Die AfD als modisches Diätprodukt der Renazifizierung. Und eigentlich waren die Nacktfotos bei iCloud eine schlaue Marketing-Nummer.

Fand das mit dem Foto-Klau bei iCloud nicht so toll, sagt Jennifer Lawrence Bild: ap

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Die deutsche Comedy liegt am Boden. Müssen für den Gag „Scharia-Polizei“ wirklich erst Bekloppte loslegen?

Und was wird besser in dieser?

Schottland will die Unabhängigkeit. Nimm dies, Seehofer !

Ex-US-Geheimdienstler warnen Merkel vor Behauptungen der amerikanischen Geheimdienste zur Ukraine. Welchen US-Geheimdienstlern soll man denn jetzt glauben?

Der Titel „verteran intelligence professionals for sanity“ hat schon viel Schönes. Man könnte sie leichter als Verschwörungspraktiker wegwischen, wenn sie nicht sehr präzise vor der Lüge von den „weapons of mass-destruction“ unter Bush gewarnt hätten damals.

In Sachsen löst die AfD die NPD im Landtag ab. Ist dadurch irgendwas gewonnen?

Die apodiktischen Reiter, ihr professorales Getue passt zur deutschen Sehnsucht nach Expertokratie – wie etwa der Trachtenjanker zum österreichischen Haiderismus. Die AfD verhält sich zu allen anderen Versuchen der Renazifizierung wie ein Diätprodukt. Dabei sorgen Affekte wie Dreikinderfamilie, Ablehnung der gleichgeschlechtlichen Ehe und das Frauenbild dafür, dass man AfD immer von selbst dem übelsten Liberalismus unterscheiden kann. Gewonnen ist, dass nach rhythmisch wiederkehrenden Spaltungen links nun erstmals die Union nicht mehr alle trüben Tassen im Schrank hat. Wenn die SPD Rot-Rot verweigert und so Schwarz-Bekloppt ermöglicht, sollte der Verfassungsschutz sie beobachten.

Alles muss raus: Wir verschenken alte Waffen an die Kurden. Jubelt jetzt der ein oder andere Lagerist der Bundeswehr?

Es wird Zeit, neben dem Weltrang der deutschen Waffenindustrie über das Verkümmern der deutschen Friedenswirtschaft zu reden. Da hatten wir mal „Wandel durch Annäherung“, die Idee des Zivildienstes, ein leidlich funktionierendes Asylrecht oder wenigstens Helmut Kohls Brieftaschenpazifismus. Alles das überrollt vom Panzer der guten Laune, mit dem von der Leyen, Gauck und Merkel uns ungefähr wöchentliche Gewissensprüfungen verordnen. Nur fürs Protokoll der Genderdebatte: Deutschland war seit 1945 nicht so kriegerisch wie unter einer Kanzlerin und einer Verteidigungsministerin.

Die EZB hat den Leitzins auf 0,05 Prozent gesenkt. Jetzt geht’s aber los mit dem großen Aufschwung in Europa, oder?

Heißt entschwurbelt: Sparen wird bestraft. Mit der Leitzinssenkung beschloss die EZB auch, dass die Banken Strafzinsen zahlen müssen, wenn sie ihr Geld nicht unter die Leute bringen. Nachdem wir nun just eine Krise weghecheln, die komplette Volkswirtschaften an ihren Krediten hat ersticken lassen, mag es eine originelle Antwort sein, noch mehr Kredite loszutreten. Und wären Kredite Droge, hieße dies: Man bekämpft Drogensucht, indem man alle bestraft, die nicht schnell genug alles weggekifft haben und Neues kaufen.

Der Verfassungsschutz muss alle Daten über Gregor Gysi löschen. Wie schwer trifft das die deutschen Top-Spione?

Der Gysi ist aber auch ein Umstandskrämer! Die Kurden werden doch auch vom Verfassungsschutz überwacht und haben eine ganz pragmatische Konsequenz gezogen: Sobald man im Ausland deutsche Kriegsziele verfolgt, haben einen alle lieb und es gibt sogar Altmetall von der Bundeswehr geschenkt. Das spricht für bewaffnete Auslandseinsätze der Linkspartei.

Bayerns Staatskanzleichefin Christine Haderthauer ist wegen der Modellbau-Affäre zurückgetreten. Traurig?

Haderlump! Vom althochdeutschen „hadara“ („Lumpen“), also im Grunde: Lumplump! Was sich etymologisch mit „verheddern“ verbindet, also insgesamt bei besserem Deutschunterricht in Bayern jeder vorher hätte wissen können. Oder der Haderlump war die Altkleidersammlung unserer Ahnen: Kommt als Charity daher, ist aber oft nur ein zynisches Geschäft mit den Ärmsten. Was ja das Geschäftsmodell der Haderthauers auch ganz gut umschreibt. Weiß jemand was über „Thauern“?

Stars wie Jennifer Lawrence lagerten Nacktfotos bei iCloud und fanden sie nun in Internetforen wieder. Dann lieber gleich bei Facebook posten?

Wenn das noch keine schlaue Marketing-Nummer war, ist es ab sofort eine. Bald gibt es Stars, die bei Hackern betteln, weil es sonst niemanden interessiert.

Und was machen die Borussen?

Nach dem weitgehenden Rückkauf der 2012er Mannschaft (Sahin, Shinji) sähe ich gern noch Hoppy Kurrat und ein paar andere 1966er wieder beim BVB.

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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