Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Am Montag fällt wegen des Streiks Gemeinschaftskunde aus und der Jugendkanal von ARD und ZDF muss ohne Fernsehen ins Bett.

Früher waren die Lokführer beamtet und hatten kein Streikrecht. Das lernt man aber nicht in den Herbstferien, sondern in Gemeinschaftskunde. Bild: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Der Jugendkanal von ARD und ZDF muss zur Strafe ohne Fernsehen ins Bett.

Und was wird besser in dieser?

Über das trojanische Pferd Jugendkanal dürfen ARD und ZDF endlich ein genuines Internetangebot produzieren.

Sowohl Grüne als auch Linke fordern „Waffen für Kobani“. Verkehrte Welt?

Noch ein Paradox. Die Bundeswehr besteht zu über 90 % aus Männern, die kämpfenden Truppenteile Heer, Marine und Luftwaffe zu über 95 %. Schon spooky, wie nun Frau Göring-Eckardt, Frau von der Leyen und Frau Merkel diskutieren, in welche Gemetzel sie die Jungs schicken wollen. Vielleicht spricht das für eine baldige und hälftige Frauenquote beim Bund: Man könnte hoffen, dass weder die Soldatinnen noch die Gesellschaft um sie herum so leichtfertig mit Leben umgingen.

Unionsfraktionschef Volker Kauder kann sich eine Bewaffnung der PKK vorstellen, die in Deutschland als Terrororganisation geführt wird. Ein Fall für den Verfassungsschutz?

Zusammen mit den Warnungen, austrainierte Pendelislamisten könnten den Terror zurück nach Deutschland tragen, wird das schon ziemlich gruselig. Kauder könnte die Waffen direkt an migrantisch wirkende Passanten in der Fußgängerzone verteilen. Hinter Kauders Provokation mag die Idee stecken, die Türkei zum Kriegseintritt zu zwingen, da andernfalls ihr Erzfeind PKK eben ein unkalkulierbares Risiko würde. Man hört jetzt die Sonntagslyrik der Münchener Wehrkundetagung zu Jahresanfang konkreter dröhnen: „Mehr Verantwortung“ – „größeres Selbstbewusstsein“ – „das beste Deutschland, das wir je hatten“.

Die Bahn-Lokführer haben das ganze Wochenende gestreikt – pünktlich zum Beginn der Herbstferien in sieben Bundesländern. Sollen die Pennäler doch einfach mal zu Hause bleiben, oder?

Ja! Dann fällt aber Gemeinschaftskunde auch aus, wo der Lehrer genau Montag erklären wollte, wieso die Lokführer früher beamtet waren und kein Streikrecht hatten. Wie genervt man von Weselsky auch sein mag – sein Hinweis, dass es sich schlicht um Privatisierungsfolgen handelt, macht Sinn.

Apple und Facebook wollen ihren Mitarbeiterinnen in den USA künftig das Einfrieren der Eizellen bezahlen. Sind Mark Zuckerberg und Tim Cock moderne Feministen?

Na ja, „Aktion Lebensborn“ hat besonders rassetypischen Frauen auch bevorzugte Versorgung mit Herrenmännchensamen verschafft; das habe ich noch gar nicht so feministisch betrachtet. Zudem haben die Datenunternehmen heute ganz andere Möglichkeiten, später den auch aus Sicht der Wirtschaft erbstärksten Beschäler herbeizurastern. Diesem theoretischen Angebot, die Elternschaft herauszuzögern, steht die praktische Nachricht der Unternehmen gegenüber: „Wagt es nicht, jetzt schwanger zu werden.“ Vergleichsweise liberale Systeme wie der Vatikan, China oder die DDR haben da mit günstigen Wohnungen oder Höllenfeuer rumhantiert. Wenn es eine gesellschaftliche Verantwortung gibt, ungewollte Schwangerschaft beenden zu helfen, dann gehört das Gegenteil ebenso in die gesetzlichen Kassen. Firmen geht das nichts an.

4,3 Milliarden Euro haben Katar, die USA und Europa für den Wiederaufbau des Gazastreifens zugesagt. Was bringt das, wenn Israel die Einfuhr von Baustoffen kontrolliert?

Israel hat betont, der Wiederaufbau könne ohne seine Hilfe nicht gelingen, und Unterstützung zugesagt. Das stelle ich mir nicht einfach vor, wenn der größte Batzen des Geldes aus Katar kommt – der Emir stand gerade noch als IS-Großsponsor in Verdacht. Allein schon die Sorge, das Geld lande sonst auch bei Hamas, kann Israel drängen, konstruktiv mitzuwirken.

Fans von Jennifer Lopez fordern, dass eine Straße in der Bronx nach der Sängerin benannt wird. Wollen Sie nicht auch eine Straße in Velbert?

Nebenan in Essen gibt es noch stets die zentrale „Hindenburgstraße“, was einen örtlichen Frikadellenbräter zur Benamung „The Hindenburger“ ertüchtigte. Ich würde mich bereit erklären, keinen Weltkrieg zu führen und keinen Irren zum Führer zu ernennen, wenn im Gegenzug irgendwas mit Erdnusstunke nach mir benannt würde.

Und was machen die Borussen?

Ach komm. Meister mit 20 Punkten Vorsprung ist doch auch irgendwann langweilig. Nach dem schlechtesten Saisonstart seit 27 Jahren am Ende so glanzvoll dazustehen, das ist der BVB. (Diesen Text ziehe ich evtl. am Saisonende zurück.)

(Fragen: FAY, LAM, MAHA)

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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