Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Bei der Schach-WM ist genug Zeit für Wetterprognosen, Gysis Kloverfolger sind geltungsbedürftige Vollgockel und Fluchtgefahr besteht bei allen Managern.

Humorig war die Begründung für die sofortige Festnahme Middelhoffs: „Fluchtgefahr“. Bild: reuters

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Das Snowden-Interview wurde einst nach der Diskussion darüber bei „Günther Jauch“ gesendet. Völlig absurde Programmgestaltung.

Was wird besser in dieser?

Das Putin-Interview wurde vor der Diskussion darüber bei „Günther Jauch“ gesendet.

Kim Kardashian hat für das Magazin Paper ihren Po enthüllt. Auf dem Titel stand: „Mach das Internet kaputt.“ Funktioniert Ihres noch?

Es ist ein Test für die neue Facebook-Benachrichtigungsfunktion „Sieh dir an, wem deine Rückseite gefällt“.

Gregor Gysi wurde von zwei israelkritischen Aktivisten bis auf die Toilette verfolgt und auch noch dabei gefilmt. Ist man nirgendwo mehr sicher?

Immerhin hatte Lammert auf der Toilette nicht Biermann platziert. Das Video in voller Länge beschämt als Selbsthinrichtung zweier geltungsbedürftiger Vollgockel, denen Handyfotos von Palästinenserkindern, beschwichtigendes Einreden von Linke-Abgeordneten und pathetisches Selbstmitleid alles eins sind: ganz großer Stattfindespaß. Das in Rede stehende Anliegen wirkt komplett austauschbar. Man kann das Video gut als Unterrichtsmaterial für On-Reporter einsetzen: Wenn Ihnen so was im Eifer passiert, setzen Sie einfach mal ein Jahr aus.

Die Regierung hat sich auf ein Anti-Doping-Gesetz geeinigt. Dopingsündern drohen demnächst sogar Freiheitsstrafen. Wer wird dann noch antreten?

Die Begrenzung auf rund 7.000 organisierte Profis ist tückisch: Erstens wird gerade in den sportlichen Aufstiegsmilieus „kurz vor Profi“ alles versucht, „den Sprung zu schaffen“. Wer Profi wird oder ist, muss also nicht schlicht verzichten, sondern entwöhnen. Zweitens erhöht das Gesetz – darin dem Betäubungsmittelgesetz tragisch ähnlich – den Druck auf die Chemiker, schneller zu panschen, als Nachweismethoden vorliegen. Womit, drittens, der Profisport der einzige „cleane“ Bereich einer Gesellschaft wäre, die schon Vorschulkinder mit ADHS-Pharmazeutika abfüllt. Man gäbe was drum, wenn bald auch in diesem Bereich bis zu zehn Jahre Haft für Ärzte und Hintermänner drohten: Das ist gut am geplanten Gesetz.

Bei der Schachweltmeisterschaft in Sotschi treten momentan der Inder Viswanathan Anand und der Norweger Magnus Carlsen gegeneinander an. Schaffen Sie es überhaupt noch, sich vom Liveticker zu lösen?

Norwegens Fernsehen NRK bietet jede Partie der „Sjakk-WM“ live und erzielt ringsum 30 Prozent Marktanteil, ergänzt mit aufwendigem Onlineangebot. Einmal dort, empfehle ich auch die Wetterprognose von NRK, die aus unerfindlichen Gründen (olle Wikinger?) etwa das Wetter für Dortmund minutengenau voraussagt. Zwischen den Zügen kann es ja schon mal dauern. Jedenfalls hat Norwegen keine schweren Probleme mit Sotschi und Putin, der einsprang, weil sich sonst kein Ausrichter für das Duell fand. Man nennt es inzwischen auch „Das Katar des Ostens“.

Top-Manager Thomas Middelhoff muss ins Gefängnis. Er flog auf Firmenkosten mit dem Hubschrauber, um Staus zu umgehen. Wer würde das nicht tun?

Als einer der letzten nicht inhaftierten Top-Unternehmer Deutschlands sehe ich die Treffer natürlich näher kommen. Beruhigend am Middelhoff-Urteil: Manager dürfen alles, außer den Chef betrügen. So durfte Klaus Esser straffrei Mannesmann ruinieren, und auch Middelhoffs Trümmerschneise durch Karstadt und Quelle war nicht Gegenstand des Verfahrens. Humorig deshalb die Begründung für die sofortige Festnahme: „Fluchtgefahr“. Aus Sicht der Belegschaften besteht die bei allen Managern.

Der Europäischen Weltraumbehörde ESA ist es gelungen, den Forschungsroboter Philae auf einem Kometen landen zu lassen. Ein großer Schritt für die Menschheit?

Keine Ahnung, ob das irgendeinen wissenschaftlichen Nutzen bringt oder neue schreckliche Kriegswerkzeuge gebiert oder dingens. Es ist aber ganz großer Drehrumdiebolzeningenieurspaß! Und allein die Idee, ein Vermögen zu verballern, um zehn Jahre lang zu einem Klumpen Eis zu reisen, hat meinen tiefen Respekt. Ich freue mich auf die nächsten Kometenbesucher, die Philaes Reste finden und dann lustige Fantasien haben werden, was wir wohl für muntere Gesellen waren.

Und was machen die Borussen?

Jetzt übertreibt es Löw aber mit der Idee, die Nationalmannschaft immer ungefähr das nachmachen zu lassen, was der BVB abliefert. „Die können vor Kraft nicht laufen“ passt beiden.

FRAGEN: GIA, MIEP

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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