Die Wahrheit: High Tea mit Tiefgang

Der Wahrheit-Hausbesuch aus aktuellem Anlass: Was macht eigentlich die Queen in der Brexit-Krise? Abwarten und Tee trinken? I wo!

Elizabeth II. nimmt am Order of the Thistle Service in der Kathedrale von Edinburgh im Rahmen ihrer Holyrood-Woche teil

Majestät, übernehmen Sie!? Foto: dpa

Wir müssen warten. Das nimmt nicht wunder, denn die Queen, 92, hängt am Hörer. Und auch das ist kein Wunder, nicht in diesen stürmischen Britt-Zeiten. Die sehr alte Dame ist schließlich Staatsoberhäuptin! Ob sie gerade noch mit Nochpremierministerin Theresa May am Apparat wettet? Oder mit Exaußenminister Boris Johnson Sommerreiseziele diskutiert?

Wir beobachten Elizabeth Alexandra Mary an ihrer royalen Muschel, konzentriert und blaublütig sieht das aus, keine Braue verzieht ihr Pfannkuchengesicht. Dass wir die wohlondulierte Weltstarseniorin überhaupt beobachten können, das verdanken wir einem gülden leuchtenden Türspalt im Vorzimmer „Dalwhinnie-on-Sea“.

Dalwhinnie ist der Lieblingswhisky von Elizabeth Zwo und das „Dalwhinnie-on-Sea“ ist eines der 458 Vorzimmer des Buckingham Palace, bevor es in eines der 458 Audienzgemächer ihrer Majestät geht. Zierliche Gurkensandwiches, hauchdünn mit Fish und Chips überzogen, und ein laues Teechen versüßen uns die königliche Wartezeit.

Ein ums andere Mal gehen wir, moderat eingeschüchtert ob der polierten Palastfluchten und der Rudel an Corgys, die uns beschnüffeln, bepinkeln und anbellen, unseren Block mit den Fragen für die Queen durch. Wir haben fünf auf dem Zettel, wir hoffen auf ein Zeitfenster ihrer Majestät. Aber sonst hätte uns ja wohl nicht die Pressestelle des Buckingham als einziges deutschsprachiges DIN-zertifiziertes und wahres Qualitätsmedium zur aktuellen Fragestunde im Format „Talk.The Queen.“ vorgelassen.

Was wollen wir wissen von der Queen, die jetzt mittlerweile schon 66 Jahre ihren Thron nicht räumt, auch und gerade nicht wegen Charles. Die Fragen, die wir uns hastig auf dem allerletzten Easyjet-Flug notiert haben, der in diesen stürmischen Eurexit- beziehungsweise Brexitzeiten noch Berlin-Tegel im französischen Sektor von Westberlin verlassen hat, diese Fragen lauten:

1. Majestät, wie lange schauen Sie sich diesen Saustall ihrer Untertanen eigentlich noch an?

2. Majestät, übernehmen Sie!?

3. Majestät, wollen Sie ewig leben?

4. Majestät, wie geht es ihrem Gemahl, Prinz Philip?

5. Majestät, haben Sie einen Tipp für Angela Merkel?

(Zusatzfrage bei positivem Gesprächsverlauf: Kennen Sie Christian Lindner und/oder Horst Seehofer?)

Drinnen scheppert es, uns fällt der schäbige Notizblock aufs Rosenholzparkett. Wir vernehmen die Queen rülpsen, dann betätigt jemand einen Cocktail-Shaker. Ein Tanzbär winkt uns durch den güldenen Türspalt hinein. Die Queen ist nur spärlich bekleidet, ein Kanonenöfchen läuft trotz britischer Sommerhitze auf vollen Touren. Gerade noch klauben wir unseren Block auf. Schweiß tropft auf die Notizen, macht sie unleserlich. Jetzt geht es ums Ganze, wir sind schließlich bei Hofe.

Wie eisern, ja fast schon zerbrechlich, die Königin herummarschiert in jenem schmalen Audienzgemach! Wie gut ihr die Maskerade aus ebenholzfarbenem Maiglöckchenpuder und neongrünem Vivienne-Westwood-Bikini steht! „A very warm welcome to you“, souffliert der Tanzbär der sichtlich angeheiterten Queen.

Die bietet, heute mal hutlos, Gin und Tonic an. Ersatzweise können wir auch einen Schwenker Dalwhinnie erhalten. Nach Hofknicks unserseits, Zuprosten, und zwei Sätzen zum Wetter dann die mediale Enttäuschung. Die Queen sagt sang- und klanglos unser Interview ab, schützt einen dringenden Tierarztbesuch in Sachen Corgy Nr. 17 vor.

„God save our gracious Germany!“, ruft die Alte Sekunden später und im Abgang begriffen. Wir bleiben noch einen Moment. Der Tanzbär legt auf.

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kari

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