Die Wahrheit: Der selige Schlaf der Vernunft

Wir sind des Treibens müde, so müde. Ein erschöpfter Bericht zur Lage des unaufhörlichen Betriebs rund um den Fußball.

Auf einer Liege liegt ein Mensch in einem Anzug. Er hat vor der Liege seine Schuhe abgestellt

Ermattet, aber die Schuhe noch ordentlich abgestellt: ein Ermüdeter Foto: reuters

Ermüdungswellen gehen durch das Land: Auf die allgemeine Frühjahrsmüdigkeit folgt nun gerade die tiefe Fußballmüdigkeit. Aber nicht nur der Fußballfreund kann ermüden, sogar die Grundlage des Fußballs, das Fußballfeld, ermüdet über die Jahre.

Gartenfreunde kennen das seltsame Phänomen der Bodenmüdigkeit, das auftritt, wenn eine Pflanzenart fünf oder sechs Jahre an einem Ort kultiviert wurde. Schon in den fünfziger Jahren vermutete man im „Praktischen Gartenbuch“, dass der Boden durch abgestorbene Wurzelteile und Verwesungsprodukte für gleichartige Pflanzen vergiftet ist. Da hilft dann auch die beste Düngung nicht mehr, die übermüdeten Pflanzen im ausgelaugten Boden sind des Wachsens müde und sterben schließlich ab.

Im modernen Fußball wartet man die fatale Bodenermüdung gar nicht mehr ab, sondern kauft alle paar Wochen neuen, munteren Rollrasen, bis dieser seinerseits zertrampelt und zertreten des sportiven Treibens müde wird und in seinen letzten tiefen Schlaf fällt und unauffällig weggerollt wird.

Materialermüdetes Spielgerät

Aber nicht nur Boden und Rasen sind ermüdungsgefährdet, auch das Spielgerät selbst, der Ball. Wie alle besorgten Ballwarte wissen, wird das herumgetretene runde „Leder“ besonders von dem gefürchteten Phänomen der Materialermüdung bedroht. Damit der Ball nicht während des Spiels final materialermüdet Luft und Lust verliert und auf den staubigen, schlafenden Rasen fällt, benutzt man seit ein paar Jahren einfach mehrere Bälle, sodass sich die Material­ermüdung auf mehrere Spiel­geräte verteilt.

Die Geißel Materialermüdung ist auch schuld daran, dass die guten, alten Holztore abgeschafft wurden. Diese ermüdeten bei langweiligen Spielen besonders tief, was bei den brüchigen Holztoren zu zahlreichen Spielabbrüchen führte. Heutzutage sind die Tore aus bruchsicherem Aluminium, und es wird mit Plastikbällen ins Plastiknetz geschossen.

Eine Sonderform der Mate­rial­ermüdung ist die lineare Ermüdung, der besonders die weiß gekalkten Außenlinien des Spielfelds ausgesetzt sind. Selbst bei einem müden Spiel entsteht ein steter mechanischer Abrieb beim Herumlaufen auf den Linien. Klar ist, bei linearer Ermüdung hilft nur Nachkalken in der Halbzeit.

Schales Sta­dion­möbel

Problematischer ist die Sitzschalenermüdung. Diese Sta­dion­möbel dämmern oft tagelang teilnahmslos bei Sonne und Wind und Regen und Schnee unbenutzt vor sich hin. Bei einer hartnäckigen, über viele Monate anhaltenden schalen Müdigkeit spricht man deshalb von einem chronischen Müdigkeitssyndrom. Das kann bei Sitzschalen fatale Folgen haben: Lässt sich ein übergewichtiger Zuschauer arglos auf die Sitzschale fallen, bricht diese unvermittelt. Ein neuer Tiefpunkt eines ohnehin traurigen Spiels ist erreicht, manchmal schläft der betrunkene Fan dann gleich an Ort und Stelle ein (siehe auch „Bodenermüdung“).

Aber was kann man gegen alle Formen der Ermüdung tun? Tiefenentspannung und Yoga soll helfen, ist die Entspannung des Meditierenden aber zu tief, wird der total Entspannte dann doch von der Müdigkeit überwältigt. Was soll’s: Im Grunde hilft nur ein Mittel gegen Ermüdung, und das heißt: schlafen! Gute Nacht!

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kari

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