Die Wahrheit: Geil auf den Gesundheitsminister

Für Abtreibungsgegner wie Jens Spahn ist alles akzeptabler als eine Frau, die selbst über ihren Körper bestimmt. Keine Liebeserklärung.

Jens Spahn

Wo gehobelt wird, ist Jens Spahn zur Stelle Foto: reuters

„Vielleicht schicke ich Jens Spahn eine Liebeserklärung“, sage ich meiner deutschen Freundin Jana. Sie ist meine beste deutsche Freundin, weil sie noch öfter abgetrieben hat als ich. Normalerweise treiben deutsche Frauen selten ab – und wenn sie es doch häufiger machen, geben sie es nicht zu. In Deutschland ist Schwangerschaftsabbruch ein Tabu-Thema – sogar unter Frauen.

Aber nicht, weil die Deutschen Promiskuität oder Rumfickerei eklig finden, sondern weil die Idee, dass eine deutsche Frau so verplant und unorganisiert sein könnte, dass sie beim Verhüten scheitert, zu schockierend ist. Meine Freundin Jana ist aber nicht wie die meisten deutsche Frauen. Sie hat viermal abgetrieben und einmal ist sie zweimal in derselben Woche beim Schwarzfahren erwischt worden.

„Was schreibst du ihm denn?“, fragt Jana. „Ich dachte, ich benutze diese rosarot glitzernden Herzen, die ich vom Valentinstag noch übrig habe“, antworte ich. „Und dann schreibe ich: ‚Ich will eine Abtreibung von dir.‘ Wäre das nicht romantisch?“

In dem Film „Fight Club“ sollten Helena Bonham Carter und Brad Pitt beim Ficken den Satz sagen: „Ich will eine Abtreibung von dir.“ Weil die Zuschauer in den Previews negativ auf den Satz reagierten, wurde er ersetzt durch: „Ich bin seit der Grundschule nicht so gut durchgefickt worden.“ In einem Film über illegale Straßenkämpfe, Terrorismus und Erniedrigung ist ausgerechnet dieser Satz über Abtreibung zensiert und durch eine Anspielung auf Kindesmissbrauch ersetzt worden. Es ist also einfacher, zu akzeptieren, dass Mädchen sexuell missbraucht werden, als dass erwachsene Frauen entscheiden dürfen, was in ihrem Körper passieren soll.

Dumm, fleischig, deutsch

„Aber du findest Jens Spahn nicht sexy, oder?“, fragt Jana. „Niemand findet ihn sexy.“ Ich überlege. „Ich finde ihn ein bisschen sexy“, sage ich dann. „Er sieht so dumm und fleischig und deutsch aus. Und ich denke, dass er gut Muschi lecken kann. Ich denke, dass alle männlichen Abtreibungsgegner gut Muschi lecken können. Sonst werden sie sich die Schwänze abschneiden müssen.“ – „Aber er ist doch schwul!“, sagt Jana. Ich gucke sie überrascht an. Das hatte ich irgendwie nicht gewusst oder verdrängt, weil ich so geil auf Jens Spahn gewesen war.

„Echt“, sage ich ein bisschen enttäuscht. „Dann kann ich ihm keine Liebeserklärung schicken, oder? Es ist ein bisschen schwulenfeindlich, wenn heterosexuelle Frauen schwulen Männern Liebeserklärungen schicken. Nur weil er frauenfeindlich ist, rechtfertigt das nicht, dass wir schwulenfeindlich werden.“

Ich kann verstehen, dass man auf Abtreibungen negativ reagiert. Babys sind so süß und Abtreibungen sind nicht so süß. Nach meiner ersten Abtreibung hat mir meine Mama in einem frittierfettgeschwängerten Café im Londoner Osten erzählt, dass sie auch abgetrieben hat. Zuerst war ich total locker: „Cool, dass du es mir sagst, deswegen warst du nicht so enttäuscht von mir.“ Aber als sie mir offenbarte, dass der Abbruch nach meiner Geburt stattgefunden hat, war ich empört. „Was?“, spuckte ich, „… nachdem ich geboren war? Mama, du Schlampe! Wie konntest du nur? Mein Gott! Nach meiner Geburt? War ich etwa kein süßes Baby. Mama?“

Dabei ist eine Abtreibung die weitaus beste Lösung für ein trauriges Problem. Denn das Traurige ist ja nicht die Operation selbst, sondern die Tatsache, dass eine Frau zwar schwanger ist, aber auf keinen Fall schwanger sein kann, darf oder will. Alle, die nie in dieser Situation gewesen sind, sollten lieber dankbar dafür sein und keinen Scheiß labern. Eine Verhütungspanne kann jeder passieren – sogar einer deutschen Frau.

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kari

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