Die Wahrheit: Petitionen für Petitessen

Großbritannien ist das Land unendlicher Bittschriften. Kein Thema ist zu abseitig und eine Handvoll Unterstützer findet wirklich jede Eingabe.

Der Brite an sich liebt Petitionen, und seit man sie einfach auf einer Webseite der Regierung beantragen kann, boomen diese Bittschriften. Erhält eine Petition 10.000 Unterschriften, muss die Regierung darauf antworten, ab 100.000 könnte sie im Parlament debattiert werden. Die tierfreundliche Nation sorgte für eine solche Debatte mit der Forderung, dass Polizeihunde als Polizeibeamte eingestuft werden müssten. Nicht ins Parlament schaffte es dagegen der Antrag, dass man aufhören müsse, den Menschen aus egoistischen Gründen weiszumachen, Kuhmilch sei gut für sie.

Schwer hatte es auch eine Petition, die forderte, alle Schulen in Akademien umzuwandeln. Zwar unterschrieben 156.000 Menschen, aber nur 5.000 weniger verlangten, dass Schulen keinesfalls in Akademien umgewandelt werden. Die meisten Petitionen beschäftigen sich zurzeit mit der Renovierung des Buckingham-Palasts. Sie verlangen zumeist, dass die Queen die Kosten in Höhe von 369 Millionen Pfund gefälligst selbst zahlen soll. In einer Petition wurde allerdings gefordert, dass die Steuerzahler wenigstens das Recht haben müssen, im Buckingham-Palast zu übernachten, wenn sie schon die Renovierung bezahlen. Natürlich hängen viele Petitionen auch mit dem Brexit zusammen. So wird unter anderem verlangt, sofort die französischen Wörter auf britischen Reisepässen zu verbannen.

„Das Referendumsergebnis bedeutet, dass die Menschen dafür gestimmt haben, die Kontrolle zurückzugewinnen – die Kontrolle über die Grenzen, die Kultur und die Sprache“, heißt es. „Französisch ist eine EU-Sprache und hat auf einem Pass des Vereinigten Königreichs nichts zu suchen.“ Blöd nur, dass die englische Sprache vor allem von illegalen Einwanderern geformt wurde, den Angeln und den Sachsen. Noch misslicher, dass „Passport“ ein französisches Wort ist. Einer schlug vor, das Dokument „Borderbook“ zu nennen, ein anderer favorisierte „Bitte-lass-mich-rein-Brief“.

Auf britischen Pässen steht „Honi soit qui mal y pense“, was „Beschämt sei, wer schlecht darüber denkt“ bedeutet. Das ist die Devise des englischen Hosenbandordens, und deshalb steht der Satz im Wappen des Vereinigten Königreichs, zusammen mit dem Motto des Königshauses „Dieu et mon droit“ – „Gott und mein Recht“. Dass beide Devisen in England seit einer Ewigkeit existierten, sei irrelevant, meint Richard Bernden, der die Petition initiiert hat. Bis 5. Februar sei Zeit, die 100.000 Unterschriften zusammenzubekommen, um eine Debatte im Parlament zu ermöglichen, fleht er.

„Signatures“ und „parliament“ sind aber ebenfalls französische Worte. „Namewriting“ und „speak-thing“ muss es heißen, Herr Bernden! Ist „Bernden“ überhaupt ein englisches Wort? Es ist ein Anagramm von „Ben Nerd“. Ben, der Trottel? Stagniert die Zahl der Unterschriften deshalb bei 498?

Eine der klügsten Petitionen wurde abgewiesen, weil sie die formalen Anforderungen an Petitionen nicht erfüllte: Der Initiator verlangte, Petitionen zu verbieten. Mon Dieu!

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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