Die Wahrheit: Affenleben nach dem Brexit

Englischer Humor ist very special und der britische Nationalist Nigel Farage ein Clown der besonderen Art. Als Vorbild taugt er nicht.

„Ich will mein Leben zurück.“ Keine Bange, der Satz stammt nicht von mir. Ich sag so was nicht. Ich habe mein Leben nirgendwo abgegeben. Ab und zu gebe ich mal Kleidungsstücke ab. Zwei Tage später gehe ich dann mit dem Zettel in die Reinigung und sage noch nicht mal: „Ich will meine Hemden zurück.“ Das wäre erstens unhöflich und zweitens sowieso Quatsch. Die in der Reinigung wissen schließlich, dass ich wegen der Hemden da bin. Außerdem steht’s ja auf dem Zettel.

„Ich will mein Leben zurück.“ So was sagt doch keiner im richtigen Leben. Höchstens mal eine beliebte deutsche Mittwochsabends-Fernsehschauspielerin, die kurz vor zwölf, also vor Erreichen des 50. Geburtstags auf Weisung eines desillusionierten Drehbuchautors irgendwo in Afrika 90 Minuten lang noch mal ganz von vorne anfängt, also eine Klinik für verletzte Schimpansenbabys aufmacht. Irgendwas halt, was man in Afrika eben so macht, wenn der Ehemann, dieser erfolgreiche, aber emotional komplett verkarstete Münchener Herzchirurg die junge OP-Schwester geschwängert hat. Und zwar bei eiskalter Beleuchtung, im Geräteraum, da, wo die Bestecke sterilisiert werden. Das muss man sich mal vorstellen. Das ist ja wohl das Allerletzte.

Wenn man dann noch wach ist, kann man ja ein gewisses Verständnis dafür aufbringen, dass diese Frau – also die in Afrika –, dass die dann sagt: „Ich will mein Leben zurück.“ Was soll sie denn sonst sagen: „Morgen is auch noch ’n Tag“? Oder: „Jetzt, wo ich es geschafft habe, dass Großbritannien aus der EU austreten muss, will ich aber auch ’ne richtig große Nummer werden“? Das wäre ja – entschuldigen Sie bitte den Ausdruck – aber ich hab’ grad keinen anderen im Mund: Das wäre ja wohl voll bescheuert. So was sagt man ja wohl nur, wenn man – zum Beispiel – Vorsitzender einer englischen Nationalistenpartei ist, jahrelang für den Brexit gekämpft hat und Nigel Farage heißt.

Aber was sagt der? Der sagt: „Ich will mein Leben zurück.“ Was will er? Rücktritt als Parteichef und weiter EU-Parlamentarier mit vollen Bezügen bleiben? Da fragt man sich als auswärtiger Beobachter doch: Was hat er denn für ’nen Film am Laufen? Gut – Nigel Farage ist durch und durch Brite. Es könnte also sein, dass er Protagonist seiner eigenen Comedy ist und den Plot samt Schlusspointe von vornherein so geplant hat.

Englischer Humor ist ja very special und kann von hiesigen Kontinental-Komikern nicht glaubwürdig kopiert werden, taugt also leider nicht als Folie für national-deutsche Farage-Fans und EU-Verächter wie Frau Petry oder die Herren Gauland und Höcke. Zumal man auch so humorlos wie nötig verhindern sollte, dass etwa Björn ­Höcke wieder sein altes ­Leben zurückbekommt, wenn er es denn wollte. In seinem Vor-AfD-Dasein war er Oberstudienrat an einer Gesamtschule. Wenn überhaupt, sollte er dann irgendwas Sinnvolles mit verletzten Schimpansenbabys machen. Selbstverständlich unter fachlicher Aufsicht. Und bitte nicht in Afrika. In Thüringen gibt’s ja auch Zoos.

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.