Die Wahrheit: Im Glutofen Albions lauert der Tod

Die meisten Briten sind käsebleich. Manche hingegen werden beim Sonnenbaden hummerrot. Andere werden braun und deshalb verprügelt.

Den Briten kann man es nicht recht machen. Da fliegen sie jeden Sommer gen Süden, lassen sich tagsüber in der Sonne garen und ziehen nachts eine Spur der Verwüstung durch die Urlaubsorte. Meist ist der Alkohol daran schuld. Im Sommer wird durchschnittlich alle zwei Stunden ein britischer Tourist im Ausland verhaftet. Im vorigen Jahr waren es 5.400, fast dreimal so viele waren in Not geraten und mussten sich von den Botschaften helfen lassen. Zu Hause erzählten sie dann, wie toll alles war: billiger Alkohol, hohe Temperaturen.

Werden sie allerdings zu Hause von solchen Temperaturen heimgesucht, ist es ihnen nicht recht. Seit 14 Tagen leidet das Land unter einer Hitzewelle, mehr als 800 Menschen sind in dieser Zeit im englischen Glutofen ums Leben gekommen. Der stellvertretende Premierminister Nick Clegg von den Liberalen sagte, es könne von niemandem erwartet werden, bei diesen Temperaturen im Büro zu arbeiten. Die Regierung hat Warnstufe 3 ausgerufen. Das geschieht in Fällen, in denen die Temperaturen 30 Grad am Tag und 15 Grad in der Nacht betragen.

In den Brecon Beacons in Wales waren es nur 28 Grad, als die Teilzeitrekruten der Sondereinheit SAS zu einem Gepäckmarsch gebeten wurden. Sie mussten 14 Meilen in vier Stunden bewältigen und dabei einen 20 Kilogramm schweren Rucksack sowie ein Gewehr schleppen. Offenbar hatten sie vergessen, Getränke einzupacken. Spaziergänger berichteten später, dass sie von den Soldaten um Wasser angebettelt worden waren. Sechs Rekruten fielen unterwegs in Ohnmacht und mussten mit einem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus von Merthyr Tydfil gebracht werden. Für zwei von ihnen kam jede Hilfe zu spät.

Man sollte erwägen, diese Einheit nur in nördlichen Gefilden einzusetzen. Allerdings nicht zu weit nördlich, denn Kälte ist ebenso gefährlich. Im Februar wurde ein Rekrut tot in den Brecon Beacons aufgefunden. Er war bei einem Gepäckmarsch erfroren. Zur Landesverteidigung sind die SAS-Reservemänner wohl nur im Frühjahr und Herbst zu gebrauchen.

Der Brite ist mit Extremtemperaturen nicht kompatibel. Bei Minusgraden läuft er blau an, in der Sonne nimmt er innerhalb kürzester Zeit Hummerfarbe an. Es gibt aber Ausnahmen, manche vertragen die Sonne und werden braun. Das hat zu einer Spaltung der braunen English Defence League (EDL) geführt. Die Website Newstoad berichtete, dass bei einer ausländerfeindlichen Demonstration am Wochenende die Demonstranten zur Überraschung der Polizei übereinander herfielen und sich gegenseitig vermöbelten.

Wie sich später herausstellte, war der Grund dafür das südländische Aussehen einiger Demonstranten. Ein EDL-Anführer glaubte, seine Organisation sei von Nordafrikanern unterwandert worden. Das Perfide daran sei gewesen, sagte er, dass diese braunen Gesellen seinen Namen kannten und sich als seine Freunde ausgaben. Es gelang ihm mit Hilfe einiger anderer Hummerfarbenen, die dunkelhäutige Bagage gewaltsam auf ein Schiff nach Marokko zu verfrachten.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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