Die Wahrheit: Willkommen Braymern!

Nach dem Mauerfall ist vor dem Föderalismus: Die Bundesländer werden reduziert. Deutschland rückt endlich enger zusammen.

Der Bremer Roland steht bald mitten im Oktoberfest. Bild: dpa

Allmählich kommt Bewegung in die verfahrene Diskussion über die Neuordnung und Verschlankung der deutschen Bundesländer. Gegenwärtig ist ein Politprojekt im Gespräch, das bereits am 1. Januar 2015 in die Testphase gehen könnte, denn dann sollen erstmals zwei Bundesländer zusammengelegt werden: Bayern und Bremen. Der gemeinsame Name dieses Bundeslandes soll dann „Braymern“ lauten.

Aus dem Bundesrat ist zu vernehmen, dass es sich um ein „Experiment mit offenem Ausgang“ handle. „Wir wollen einfach erste Erfahrungen sammeln“, heißt es in einem Eckpunktepapier. „Allen Beteiligten ist klar, dass sich aus diesem Schritt sowohl für die Bremer Stadtverwaltung als auch für die bayerische Ministerialbürokratie enorme Anlaufschwierigkeiten ergeben, denn die geografische und geistige Entfernung zwischen dem hanseatischen Stadtstaat und dem bayerischen Freistaat ist naturgemäß ein Faktor, der ins Gewicht fällt. Doch wir rechnen mittelfristig mit einer positiven Hebelwirkung.“

Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts müssen ab dem 1. Januar täglich Akten im Gewicht von siebentausend Tonnen zwischen München und Bremen hin und her transportiert werden, was einem Energieverbrauch von drei Milliarden Joule entspricht. Und das wiederum würde umgerechnet einen monatlichen Kostenaufwand in Höhe von 700 Millionen Euro bedeuten.

Andererseits versprechen sich die Finanzexperten von der Fusion Bayerns und Bremens Einsparungen in Milliardenhöhe. Eine Teilverlegung des Oktoberfests in die „Rolandstadt“ käme überdies dem „Säckel“ der Bremer Stadtväter zugute, und das Bundesland Bayern hätte erstmals einen Nordseehafen und freien Zugang zu den Weltmeeren.

„Buffta-buffta“

„Daraus würden sich völlig neue Perspektiven für die fischverarbeitende Industrie eröffnen“, sagt Wilhelm Böddinger, der Vorsitzende des Deggendorfer Anglervereins Alemannia 1895 e.V. „Oder auch für den Rudersport! Wenn die Nordseewellen ans Ufer der Donau schlügen, also, ich glaube, das wäre ein echter Impuls für das Wirtschaftswachstum in unserer Region!“

Mit gutem Beispiel geht eine bayerische Trachtenkapelle voran. Sie marschiert zurzeit auf „Schusters Rappen“ von Altötting nach Bremen, um auf musikalische Weise für die Verschmelzung der beiden ach so verschiedenen und doch aufeinander angewiesenen Teilgebiete unseres Landes zu werben, und wenn man ein Weilchen zuhört, dann erkennt man tatsächlich keinen großen Unterschied mehr zwischen Nord und Süd: „Buffta-buffta-buffta-buffta-buffta, täterää, tschingbumm, törööh …“

Die gewaltigen Probleme, die mit der bremisch-bayerischen Vernunftehe auf die einzelnen Menschen zukämen, sollten aber auch nicht kleingeredet werden. So mancher alteingesessene Bodenseefischer würde zwangsläufig in einem ihm heute noch unbekannten Stadtteil Bremens vor Anker gehen müssen, und von den „Fischköppen“ würde sich der eine oder andere noch wundern, wenn er sich auf einer Runde durch den Kiez mit einer Weißwurst auseinandersetzen müsste.

Wie Pech und Schwefel

Der Soziologe Ulrich Beck ist jedoch optimistisch, wie er in einem NDR-Gespräch bekundet hat: „Ich glaube, dass wir in unserer zunehmend konfliktbeladenen Risikogesellschaft mehr Zusammenhalt brauchen, und ich habe deshalb auch die an den Deutschen Bundestag gerichtete Petition unterzeichnet, in der Peter Sloterdijk ebenfalls die Zusammenlegung des Saarlandes mit Sachsen-Anhalt fordert.“

Unterzeichnet worden ist diese Petition inzwischen von Friede Springer, Udo Lindenberg, Guido Westerwelle, Martin Walser, Justus Frantz, Richard von Weizsäcker, Lothar Matthäus, Hellmuth Karasek, Alice Schwarzer, Joschka Fischer und anderen Untoten, die selbst im 21. Jahrhundert noch immer zusammenhalten wie Pech und Schwefel.

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