Die Wahrheit: Die Erde brummt!

Als japanische Seismologen 1998 ihren Kopf auf die Erde legten, stellten sie überrascht fest: Die Erde brummt! Was will uns unser Planet mitteilen?

Tief im Bauch der Erde will Seismologe Rudolf Widmer-Schnidrig dem Brummen auf den Grund gehen. Bild: reuters

Der Kreisel brummt, die Hummel, der Problembär und der dicke Brummer auch. Doch damit nicht genug: Als japanische Seismologen 1998 ihren Kopf auf die Erde legten, stellten sie überrascht fest: Die Erde brummt! Das wirft Fragen auf: „Was will uns die Erde sagen?“, fragt PM beunruhigt.

Sechs Jahre später ist das Brummen auch in Hamburg bei der Zeit angekommen. Aufgeregt wird dort gemeldet: „In manchen Wissenschaftler-Kreisen wird unser Planet mit einem Lebewesen verglichen. Jetzt brummt er auch noch.“ „Fast scheint es, die Erde wolle mit uns reden“, argwöhnt Spiegel Online, „In 60 Stimmlagen grummelt ihr Inneres“ (PM), nur hört es keiner, denn die Erde brummt 11 Oktaven zu tief, um von Menschen wahrgenommen zu werden, außer von japanischen Seismologen.

Kein Wunder, dass die Erde vor sich hin grummelt und so ein beleidigtes Selbstgespräch führt: „Die Erde brummt ganz leise vor sich hin“ (Die Welt).

Doch es gibt Hoffnung für den grummelnden Planeten: aufmerksame Wissenschaftler, die gut zuhören können. Nur können sie es nicht verstehen: „Unverständliches Gebrabbel“ wird der Erde von Piero Poli von der Universität Grenoble bescheinigt. (Spiegel Online). Sollte unsere Erde sinnloses Zeug vor sich hin brummen? Gut, dass es die umtriebigen Wissenschaftler vom BFO (Black Forest Observatory) im stillen Schwarzwald gibt. Allen voran Rudolf Widmer-Schnidrig, dem die ersten toroidalen Schwingungen der Erde zu Ohren kamen! Rätselhafte Schwingungen leider, denn: „Das Geheimnis ihrer vielstimmigen Melodie behält die Erde also für sich“, berichtet Wikipedia blumig.

Um dem Brummen auf den Grund zu gehen, gibt es nur einen Weg: den tief in den Bauch der Erde. PM hat den unerschrockenen Seismologen Schnidrig in seinem abenteuerlichen Abhör-Alltag begleitet. Widmer-Schnidrig geht dem Erdbrummen untertage auf den Grund. Dazu tauscht er seine Gesundheitssandalen gegen Gummistiefel und zieht sich ein warmes Holzfällerhemd über. „Mit großen Schritten marschiert er durch den Stollen, den Oberkörper nach vorn gebeugt. Ein Helm schützt seinen Kopf, die Gruben-lampe liefert ein fahles Licht.“ (PM)

Hört er schon etwas? Nur unentwegtes Tropfen und Tröpfeln. „Die Feuchtigkeit macht uns enorm zu schaffen. Deshalb rottet hier alles vor sich hin.“ Berichtet Widmer-Schnidrig. Dann geht es durch zwei luftdichte Stahlschleusen immer tiefer in eine kleine schmucklose Grabkammer mit den empfindlichen Messgeräten. Das Geräusch der klobigen Gummistiefel lässt die Zeiger ausschlagen. „Ruhe im Karton!“, ordnet Widmer-Schnidrig an.

Hier tief im Berg hat Doktorant Dieter Kurrle Hinweise darauf gefunden, dass das Erdbrummen noch geheimnisvoller ist, als die Wissenschaft annahm. Der Globus wabert und labert nicht nur vor sich hin, er verdreht sich dazu noch permanent wie „eine große Loskugel, die aufgeschraubt werden soll“. Welche Zahlen sich darin verbergen und woher rührt das Erdbrummen? Resigniert winkt Widmer-Schnidrig ab, es ist wieder völlig offen, wie das verdammte Erdbrummen entsteht. „Die Zahlen kommen einfach nicht hin.“

Aber eins ist sicher, Forschern wie Widmer-Schnidrig verdanken wir es, wenn wir unvergleichlich poetische Überschriften in der Fachpresse lesen, wie „Wer singt da im Weltall? (Allgemeine Zeitung Windhoek), „Wenn die Erde brummt“ (Blogspot heul nicht) oder „Das große Brummen“ (SWR). Schön, dass dieses sogar die Musikbranche erfasst hat: „Wir spüren ein Brummen“, berichtet der Tagesspiegel. Diesmal geht es allerdings nur um profane Umsatzsteigerungen.

Kein Wunder, dass die Erde grummelt …

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