Die Partei im Berliner Bezirksparlament: „Eine Menge langweiliger Leute“

Die PARTEI mischt jetzt im Bezirksparlament Kreuzberg-Friedrichshain mit. Fraktionschef Riza Cörtlen über Wahlversprechen, Mauern und Hundesteuern.

Mauerbauplakat von Die Partei

Sie mauern eben gerne und schon immer: Aktion von Die Partei 2005 Foto: dpa

taz: Herr Cörtlen, die Partei hat bei der Berlin-Wahl in Friedrichshain-Kreuzberg 4,6 Prozent geholt und ist mit zwei Abgeordneten in die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) eingezogen. Wie erklären Sie sich Ihren historischen Erfolg?

Riza Cörtlen: Eine populistische Partei hat heutzutage natürlich überhaupt keine Probleme, Wählerstimmen zu kriegen, und so ging es uns auch. Nachdem wir in die BVV eingezogen sind, haben wir direkt noch zwei Expiraten übernommen und sind jetzt eine Fraktion mit vier Leuten.

Wie lief Ihre erste Sitzung ab?

Man muss sich die BVV wie die Jahreshauptversammlung in einem Kleingartenverein vorstellen. Da sitzen eine Menge langweiliger Leute, und jeder ist der Meinung, er ist wichtig. Das ist natürlich ganz anders. Alle sind ziemlich unwichtig, und wir waren sehr enttäuscht über das mangelhafte Niveau vor Ort. Da wurden Fakten und Argumente gebracht – das bin ich so nicht gewohnt.

Stehen Sie unter dem Druck, dass nun alle von Ihnen lustige Aktionen in der BVV erwarten?

Nein. Wir sind eine demokratische Massenpartei der extremen Mitte. Wir haben den Auftrag vom Wähler erhalten, sachliche Vernunftpolitik zu machen, und das tun wir natürlich.

Ist Politik Ihr Hobby?

Ja. Ich bin ja ein erfolgreicher Unternehmer, und die Politik mache ich als Hobby nebenbei. Andere Leute gehen angeln oder Scheiben einwerfen, ich mach Politik in der BVV.

Welche Probleme sehen Sie denn in Berlin?

Als Politiker sieht man keine Probleme. Als Politiker sieht man Lösungen.

Leben: Cörtlen ist 54 Jahre alt, geboren in Frankfurt/Main. Er lebt seit 1981 in Berlin und ist Die-Partei-Landesvorsitzender.

Friedrichshain-Kreuzberg: In der Bezirksverordnetenversammlung ist Die Partei mit zwei Abgeordneten vertreten. Zusammen mit zwei Piraten bilden sie eine gemeinsame Fraktion. Cörtlen ist Fraktionsvorsitzender.

BVV: Die außerordentliche Sitzung am Montag fand auf Initiative seiner Fraktion statt. Cörtlen kandidierte für das Amt des Bezirksvorstehers und erhielt acht Stimmen. Seine Rede war schwer verständlich, da er „im Moment keine Zähne“ habe. (epe)

Zum Beispiel?

Wir könnten einen Flughafen bauen. Eine Autobahn wäre auch schön. Das sind Sachen, die die Leute mögen, und da sind wir natürlich voll dabei.

In Ihrem Programm fordern Sie unter anderem eine Erhöhung der Hundesteuer um 700 Prozent. Wie wollen Sie denn Ihre Wahlversprechen umsetzen?

Überhaupt nicht. Wir gehen da konform mit allen herkömmlichen Altparteien. Wir versprechen viel und halten nichts. Das macht man so, und es gibt keinen Grund für uns, das anders zu machen.

Wohin man blickt, scheitern die großen Parteien gerade an fehlender Bürgernähe. Was kann die Partei dem Misstrauen in die Politik entgegensetzen?

Wir sprechen mit den Bürgern, und wir wissen, was die Leute wünschen. Dafür ist ja Politik da: dem Bürger den Wunsch von den Augen abzulesen. Das machen wir.

Was wünschen sich denn die Bürger in Kreuzberg und Friedrichshain?

Die Leute wünschen sich zum Beispiel Flughäfen. Sie wollen keine Parkraumbewirtschaftung. Das ist ein Thema, das im nächsten Jahr sehr interessant wird in Berlin. Da wird eine Autobahn in die Stadtmitte gebaut, und dann sollen die Leute dafür zahlen, dass sie ihr Auto in der Stadt abstellen. Das ist Quatsch. Wenn man will, dass die Leute nicht Auto fahren, dann muss man das Benzin teurer machen. Aber man kann ihnen nicht Geld dafür abnehmen, dass sie ihr Auto nicht benutzen.

Wie sieht es mit den Mieten aus?

Wir setzen uns für eine Mietpreisbeschränkung auf 87 Prozent des Bruttohaushaltseinkommens ein. Alles, was darüber hinausgeht, ist dann doch unerträglich.

Was wollen Sie in Ihrer Amtszeit konkret verändern in Friedrichshain und Kreuzberg?

Nachdem wir im Wahlkampf gern mal von „Kreuzberg zuerst“ gesprochen haben, ist es nun an der Zeit, die Hand nach dem Osten auszustrecken. Friedrichshainer sind keine Menschen zweiter Klasse, und wir werden alles tun, um die Mauer aus den Köpfen wieder auf die Straße zu bringen. Ich denke, wenn die Gentrifizierung beendet ist, können die dann noch in Friedrichshain lebenden Bürger gern auf Augenhöhe mit uns über die Zukunft sprechen. Es kann ja nicht sein, dass nur in Kreuzberg Carlofts genehmigt werden. Die A 100 ist nur der Anfang einer umfassenden Erschließung dieses Ortsteils im Dornröschenschlaf. Wir bringen Friedrichshain wieder nach vorne, versprochen.

Bei aller Bürgernähe – haben Sie auch eigene Visionen?

Natürlich müssen wir selbst Visionen für eine moderne Stadt entwickeln. Das ist der Auftrag des Politikers: nach vorne blicken. Meine Vision von Berlin ist eine Stadt mit einer Mauer, geteilt in einen Ost- und einen Westteil. Der Ostteil ist heruntergekommen und furchtbar, und der Westteil prosperiert.

In den Grenzen von damals?

Es gibt ein paar Ecken von Mitte, die Kreuzberg zugeschlagen werden müssten, aber im Grunde wäre alles so, wie es einmal war.

Und wie wollen Sie das finanzieren?

Mit der Erhöhung der Hundesteuer um 700 Prozent.

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