Die Liste zukunftsfähiger Projekte: Manches wird gut

Die „Geschichten des Gelingens“ präsentieren Projekte, die beweisen, dass es auch besser geht.

Bild: 123rf

Von Dana Giesecke und Friedrich Melzer

In der folgenden Auswahl geht es nicht darum, dass Menschen länger, gesünder, wohlhabender leben als zu allen anderen zurückliegenden Zeiten. Auch nicht darum, dass die Kindersterblichkeit in Bangladesch gesunken ist, dafür gibt es jede Menge Good-News- und Positive-News-Seiten. In den FUTURZWEI-Zukunftsalmanachen und im Zukunftsarchiv (www.futurzwei.org) sammelt FUTURZWEI »Geschichten des Gelingens«, zukunftsfähige Gegenentwürfe zur Leitkultur der Verschwendung. Die folgende Liste enthält Projekte, die uns besonders beeindrucken und uns weiterhin an das Gute glauben und das Bessere suchen lassen.

Bild: Kartoffelkombinat

Anbauen

Im Münchner Kartoffelkombinat, das von Daniel Überall und Simon Scholl 2012 gegründet wurde, betreiben mittlerweile 1.500 Haushalte solidarische Landwirtschaft und sind gleichzeitig Eigentümerinnen. Das Kartoffelkombinat ist die mitgliedsstärkste solidarische Landwirtschaft im deutschsprachigen Raum, hat 24 Mitarbeiter und 1,3 Millionen Euro Jahresbudget. Ein Vorzeigebeispiel für ein vergemeinschaftetes, gemeinwohlorientiertes Unternehmen.

www.kartoffelkombinat.de

Bild: Anstiftung

Pflanzen und reparieren

Die anstiftung ist ein Netzwerk aus 650 Gemeinschaftsgärten (zum Vergleich: 2012 waren es 140 Gärten) und 700 Reparaturinitiativen (zum Vergleich 2015 waren es 90 Initiativen).

www.anstiftung.de

www.reparatur-initiativen.de

Bild: Mellifera

Summen

Die Zahl der Imker in deutschen Städten nimmt zu. Nach den Meldungen über das Bienensterben haben das Interesse am Imkern und die Arbeit mit Bienen zugenommen – in Berlin hat sich die Zahl der Imker in den letzten zehn Jahren sogar verdreifacht; es kümmern sich 1.800 Hobbyimker um 8.000 Bienenvölker. Siehe zum Beispiel www.mellifera.de

Bild: Waechter + Waechter

Verwandeln

In Darmstadt entstehen neue Stadtteile aus den ehemaligen Wohnanlagen der US-Army. Als »Wissensstadt« und zugleich auch »grüne Stadt« setzt man hier auf zeitgemäße Mobilitätskonzepte: Stellplätze werden im Quartier »Lincoln« etwa nach körperlicher Bedürftigkeit und sodann nach Emissionsstandard des zu parkenden Fahrzeugs vergeben, Anwohner können Nutzungszeit von E-Autos in Anspruch nehmen, es gibt Call-a-Bike-Stationen, Mietlastenräder, Gemeinschaftsfahrzeuge und eine Mobilitätszentrale. Geht doch, rufen wir da anderen Städten und besonders dem Bundesverkehrsminister Andy »Menschenverstand« Scheuer zu!

www.darmstadt.de/fileadmin/PDF-Rubriken/Lincoln/lincoln_mobil_imagebroschuere.pdf

Bild: Ottonow

Mieten

Vor Jahren gab es in Harald Welzers Buch Selbst denken ein utopisches Kapitel, in dem das fiktionale Portal »Otto.de« Kunden ermutigte, Bohrmaschinen nicht zu kaufen, sondern beim Nachbarn zu leihen. Ganz so ist es nicht gekommen, aber immerhin: Inzwischen gibt es ottonow.de, wo man Möbel, Elektroartikel, Kaffeeautomaten, Fahrräder und Fitnessgeräte mieten statt kaufen kann. Ein Schritt weg vom Anhäufen von Dingen, bei denen sich niemand im Haushalt mehr erinnern kann, wer warum zum Teufel eigentlich dieses Rudergerät gekauft hat.

www.ottonow.de

Bild: Gemeinde Kirchanschöring

Zusammenleben

Nachdem es die österreichischen Gemeinden Nenzing und Mäder bereits 2017 vorgemacht haben, folgt jetzt endlich eine deutsche Gemeinde. Kirchanschöring in Bayern darf sich nach Erhalt des Gemeinwohl-Testats als erste Gemeinwohl-Gemeinde in Deutschland bezeichnen.

https://www.ecogood.org/de/menu-header/news/die-erste-gemeinde-deutschlands-erhalt-ihr-testat/

Bild: dpa

Verbünden

Zero Waste betrifft nicht nur den individuellen Lifestyle, sondern auch das städtische Zusammenleben. Kiel wird erste Zero-Waste-Stadt Deutschlands, wie es die Ratsversammlung der Stadt am 20. Juni 2018 beschloss. Der nächste Schritt ist, mit anderen Städten ein gemeinsames Netzwerk zu gründen.

www.zerowaste-kiel.de

Bild: Tiny Foundation

Wohnen

Allrounder Van Bo Le Mentzel macht mit seinem Tiny-House-Team permanent Schlagzeilen: In Berlin besteht ein Tiny House in einem Studentendorf seine Aufnahmeprüfung. In Osnabrück, Berlin und anderen Städten werden Tiny Houses für autofreie Kieze getestet. Auf dem Parkplatz eines Konzerns soll temporärer Wohnraum entstehen für Menschen mit geringem Einkommen. Und schon über 740 Tiny Houses sind in Deutschland verstreut worden.

www.tinyfoundation.org

Bild: Recup

Trinken

Einen Weg im Kampf gegen Plastikmüll zeigt die Organisation Recup auf. Sie möchte die 2,8 Milliarden Einweg-Coffee-to-go-Becher durch ein Mehrweg-Kaffeebecher ersetzen: Schon heute gibt es dieses Pfandsystem bundesweit an 1.900 Standorten. In allen Berliner Alnatura-Läden wurde die umweltfeindliche Einwegvariante gleich ganz abgeschafft und vollständig auf Recup umgestellt.

www.recup.de

www.alnatura.de/de-de/märkte/cafe-bar

Bild: Zero Waste Kiel

Kaufen

In den letzten fünf Jahren eröffneten im deutschsprachigen Raum viele Unverpackt-Läden und Abfüllstationen. »Das Jahr 2018 kann man regelrecht als Boomjahr bezeichnen«, sagt Marie Delaperrière, die den ersten Unverpackt-Laden in Deutschland 2014 in Kiel eröffnete. Eine umfangreiche Liste für Deutschland, Österreich und die Schweiz findet sich auf www.bepakt.com.

https://unverpackt-kiel.de

Bild: bioRe Stiftung

Anziehen

Auf der Textilmesse Neonyt Trade Fair stellten im Januar 2019 150 internationale und nationale Sustainable Fashion Brands aus 26 Ländern ihre nachhaltige Mode aus. »Grüne, faire Mode stellt sich gerade neu auf: mit neuer Qualität und transparenten Produktions- und Lieferketten, mit Ehrlichkeit und neuer Strahlkraft, schärferem modischen Profil und einer jungen Community«, sagt Carina Bischof, eine der Neonyt-Organisatorinnen.

Der Textilunternehmer und Gründer der bioRe-Stiftung Patrick Hohmann liefert unter anderem die Grundlage zu dieser nachhaltigen Mode. Jetzt wird nicht nur konsequent auf Biobaumwolle gesetzt, es werden auch Entwicklungsprojekte im globalen Süden initiiert. Diese ermöglichten im letzten Jahr 1.700 Kindern den Schulbesuch in Indien oder Trinkwasserbrunnen für über 800 Familien in Tansania.

www.biore-stiftung.ch/stiftung

https://neonyt.messefrankfurt.com/berlin/en.html

Bild: stopmicrowaste

Waschen

Der Guppyfriend Washing Bag ist die derzeit effektivste Lösung, die sich gegen die Mikroplastikverschmutzung durch das Waschen richtet. Erfunden wurde der Waschbeutel von Oliver Spies und Alexander Nolte, die auch die nachhaltige Klamottenfirma Langbrett mitbegründet haben. Sicher hat ihnen ihre Surfleidenschaft geholfen, auf die Idee zu kommen, das Mikroplastik bereits in der Waschmaschine abzufangen.

www.stopmicrowaste.com

Bild: Murks? Nein Danke!

Wehren

Geplante Obsoleszenz ist der Bau von Produkten, die absichtlich schnell veralten oder unbrauchbar werden, damit die Leute neu kaufen müssen. Die Initiative Murks? Nein Danke! wurde gegründet von Stefan Schridde und ruht auch nach wichtigen Erfolgen nicht, etwa dem Urteil gegen Apple und Samsung für die erzwungene Konsumsteigerung (2018). Für dieses Jahr ist in Berlin ein Netzwerk für nachbarschaftliche Reparatur geplant: BerlinRepair. Dem Thema werden sich verschiedene Hochschulgruppen annehmen und eine frisch gegründete Konsumakademie nimmt ebenfalls ihre Arbeit auf.

www.murks-nein-danke.de/murksmelden

Bild: Sibylle Baier CC-BY 4.0

Demonstrieren

Im Jahr 2018 gingen deutschlandweit Tausende Menschen gegen die Kriminalisierung der Seenotrettung auf die Straße, gegen ein neues Polizeiaufgabengesetz und erstaunliche 240.000 Menschen bei der #unteilbar-Demo. Den Aufruf zur Demo hatten über 500 Institutionen, Vereine und Privatpersonen unterzeichnet. Die Jüngsten der Gesellschaft machen im Jahr 2019 weiter. Inspiriert von ihrem schwedischen Vorbild, Greta Thunberg, gewichten sie ihre Prioritäten sorgfältig und verzichten freitags auf den Schulgang. Stattdessen heißt es überall Fridays for Future!

https://fridaysforfuture.de

www.unteilbar.org

Bild: Simon Eichmann

Diskutieren

Change! Der Nachhaltigkeitskongress: Im Januar 2019 trafen sich 180 Schülerinnen aus 35 Schulen unterschiedlichen Typs, um als »Generation, die ihre Zukunft noch nicht hinter sich hat« in 15 Workshops und Veranstaltungen nach Handlungsstrategien und konkreten Lösungen für eine lebenswerte Zukunft zu suchen. Initiiert und organisiert hatten die Veranstaltung Schülerinnen und Schüler des Berliner Beethoven-Gymnasiums zusammen mit ihrem »Besten Lehrer Alive« Phil Elsen. Siehe: www.facebook.com/events/780599582278580

Bild: 123rf

Feiern

Harder, faster, greener. Please. Die Green Music Initiative (GMI) hat die kleinstadtgroßen Stromverbräuche verschiedenster Festivals mit schlauen Maßnahmen schon bis zu 40 Prozent reduziert. Der GMI-Gründer Jacob Bilabel ist kein Spaßverderber, sondern ein Antreiber und so bilanziert er: »Die restlichen 60 Prozent Energien stammen noch aus dreckigen und teuren Dieselgeneratoren.« Sein Ziel heißt emissionsfrei trotz Off-Grid-Bedingungen und Extremlastgängen während der Großevents. Das könnten Wasserstoff-Brennstoffzellen leisten, die nun in dem EU-Projekt »Everywh2re« entwickelt und mit 70 Festivalpartnern europaweit getestet werden – von Tollwood bis Feel Festival, von Wacken bis Roskilde.

www.greenmusicinitiative.de/about/die-mission-2

Bild: Jochen Quast

Zusammenschließen

Mehr als 45 Stiftungen aus zwölf Ländern haben sich mit der Stiftungsplattform Foundations 20 (F20) zu einer einzigartigen Allianz für mehr Klimaschutz und eine globale Energiewende zusammengeschlossen. F20 versteht sich als Brücke zwischen den wichtigsten Industrie- und Schwellenländern der G20, der Privat- und Finanzwirtschaft und Zivilgesellschaft. Ihr Ziel ist es, die Umsetzung der Agenda 2030, Klimaschutzprojekte und den Ausbau von erneuerbaren Energien voranzubringen, immer unter Berücksichtigung der Rolle der Zivilgesellschaft in diesen Veränderungsprozessen. FUTURZWEI ist zwar klein, aber dabei.

https://www.foundations-20.org

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