Deutschland bei Frauen-EM 2017: Lackmustest gegen Lieblingsgegner

Gegen Schweden wird sich zeigen, was die gute Stimmung und die neue Ausrichtung bei der deutschen Frauen-Nationalelf wert sind.

Kristin Demann und Babett Peter halten sich als Sonnenschutz die Hände über die Augen

Auf der Suche nach dem Sieg Foto: dpa

SINT-MICHIELSGESTEL taz | Vor dem romantisch anmutenden Eingangsbereich zum „De Ruwenberg“, dem Stammquartier der deutschen Frauen-Nationalmannschaft, stehen zwei mächtige Mannschaftsbusse: das deutsche Original, matt schwarz lackiert, an der Flanke prangt die Aufschrift „Die Mannschaft“. Vis-à-vis parkt neuerdings das für die Frauen-Europameisterschaft bereitgestellte Gefährt: eine landestypisch in orangefarbenen Tönen gehaltene Version, in die der Titelverteidiger die rund 65 Kilometer von Sint-Michielsgestel nach Breda zurücklegen wird, wo heute das EM-Auftaktspiel gegen Schweden stattfindet.

Einhelliger Tenor: Es wird Zeit, dass es endlich losgeht. Nicht, dass Lagerkoller aufgekommen ist – Radtouren in der Umgebung oder die Players Lounge sorgen für Ablenkung –, aber der neu zusammengestellte Kader lechzt nach der ersten Bewährung. „Wir wollen endlich zeigen, was wir draufhaben“, hat Lina Magull gesagt, die ebenso wie Carolin Simon oder Linda Dallmann zum neuen Stammpersonal zählt.

Gesichter, die mit dem Nationalteam noch nicht lange in Verbindung gebracht werden. „Dass ich bei der EM dabei sein darf, habe ich nicht erwartet“, bekannte Linksverteidigerin Simon. Vom neunten EM-Titel ist nicht die Rede. Dabei hat Steffi Jones trotz Runderneuerung dieses Ziel nie kassiert. Im Gegenteil. Die Bundestrainerin will Europameisterin werden wie schon 1995 erstmals als Aktive, als ihr auf dem Feld die heutige schwedische Nationaltrainerin Pia Sundhage gegenüberstand.

Von diesem Zeitpunkt an wurde Schwedens Frauenfußball von einem schweren Deutschland-Trauma geplagt. Zuletzt gingen nacheinander alle Pflichtspiele, zuletzt das EM-Halbfinale 2013 im eigenen Land (0:1), das WM-Achtelfinale 2015 (1:4) und das Olympische Finale 2016 (1:2) verloren.

Deutschland – Schweden, 17. Juli, 20.45 Uhr, ARD.

„Schweden ist eine sehr erfahrene, kampfstarke Mannschaft“, warnt Jones, wohl wissend, dass das härteste Stück Arbeit in der Gruppenphase im ersten Spiel wartet. Während die selbstbewusste Kollegin Sundhage bei ihrem Abschiedsturnier („Wir sind einfach dran mit einem Sieg gegen Deutschland“) noch einmal alle bewährten Kräfte jenseits der 30 aufbietet, hat Jones gegenüber der EM vor vier Jahren noch mehr verändert als nur die Spiel­idee (mutiger und kreativer) und das Arbeitsklima (offener und fröhlicher). Vermutlich wird keine einzige deutsche Spielerin im Rat Verlegh Stadion von Breda anfangs auf dem Platz stehen, die beim EM-Viertelfinale 2013 gegen Italien im schwedischen Växjö bei Anpfiff dabei war.

Die als prägende Persönlichkeiten eingeplanten Dzsenifer Marozsan und Sara Däbritz wurden damals nur eingewechselt. Kapitänin Marozsan, die zuletzt immer gegen Schweden traf, erwartet einen „harten Kampf“. Der Lieblingsgegner wird zum Lackmustest für die körperliche Robustheit und defensive Widerstandsfähigkeit. Das neue 4-4-2-System mit Mittelfeldraute, räumt die für die Halbposition vorgesehene Magull ein, sei „irgendwie auch riskant“. Nämlich bei Kontern in der Rückwärtsbewegung. Nichts mögen die Skandinavierinnen lieber.

Kim Kulig, Ex-Nationalspielerin

„Gegen die Schwedinnen muss man dagegenhalten“

„Gegen die Schwedinnen muss man dagegenhalten“, glaubt die ehemalige Nationalspielerin Kim Kulig, die mit Saskia Bartusiak sich heute das andere Gruppenspiel zwischen Russland gegen Italien in Rotterdam (18 Uhr) anschaut. Das neue Scouting-Duo hat miterlebt, wie die deutschen Fußballerinnen bei Turnieren extreme Höhen und Tiefen durchmachten; dass es so oft gut ausging, ist kein Automatismus. Erst recht nicht bei der EM 2017.

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