Deutscher Syrien-Einsatz: Kein Weg führt nach Karlsruhe

Die Linke erwägt eine Klage. Doch das Bundesverfassungsgericht kann gar nicht über das Syrien-Mandat entscheiden.

Richter des Bundesverfassungsgerichts

Das Verfassungsgericht kann gegen einen positiven Beschluss zum Bundeswehreinsatz in Syrien nichts machen. Foto: reuters

KARLSRUHE taz | Der geplante Bundeswehreinsatz in Syrien ist verfassungs- und völkerrechtlich hoch umstritten. Die meisten politischen Beobachter gehen davon aus, dass am Ende das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe über die Entsendung der deutschen Tornados, einer Fregatte und eines Tankflugzeugs entscheiden muss. Die Bundestagsfraktion der Linken „erwägt“ bereits eine entsprechende Klage.

Tatsächlich kann das Bundesverfassungsgericht aber gar nicht über den Syrien-Einsatz entscheiden. Denn es gibt keine entsprechende Klageart, mit der das Problem nach Karlsruhe getragen werden könnte. Das sieht auch Katja Keul so, die rechtspolitische Sprecherin der Grünen im Deutschen Bundestag: „Obwohl ich den Bundeswehreinsatz in Syrien für völkerrechts- und verfassungswidrig halte, wäre eine Klage der Opposition derzeit unzulässig“, sagte sie der taz.

Zwar hat sich das Bundesverfassungsgericht schon öfter inhaltlich mit Bundeswehreinsätzen im Ausland beschäftigt, dabei ging es aber immer um die Beteiligung des Bundestags.

So entschieden die Richter 2008, dass der Bundestag schon dann vorher zu fragen ist, wenn deutsche Soldaten in „bewaffnete Auseinandersetzungen verstrickt“ werden könnten. Es komme nicht darauf an, ob die Bundeswehr selbst die Absicht habe, Waffen einzusetzen.

Damals ging es um den Einsatz der AWACS-Aufklärungsflugzeuge mit deutscher Beteiligung, die während des Irak-Kriegs im Jahr 2002 in der Türkei stationiert waren. Die Bundesregierung hielt ein Bundestagsmandat damals für unnötig, dagegen erhob die FDP eine Organklage – mit Erfolg.

Ein derartiger Konflikt fehlt diesmal aber: Schließlich fragt die Bundesregierung den Bundestag um Erlaubnis für den Militäreinsatz. Am Freitag sollen die Abgeordneten abstimmen. Eine Mehrheit gilt als sicher.

Die Opposition ist zu klein

Mit einer Organklage kann die Linkspartei nur Rechte des Organs Bundestag einfordern. Sie kann dabei nicht rügen, dass der Deutsche Bundestag einen möglicherweise völkerrechtswidrigen oder verfassungswidrigen Einsatz beschlossen hat. Sie könnte also der Bundesregierung weder vorwerfen, dass es kein eindeutiges Mandat der Vereinten Nationen gibt, noch dass der Begriff der Selbstverteidigung durch die Regierung viel zu weit ausgelegt wird.

Mit einer Organklage könnte auch nicht beanstandet werden, dass die Europäische Union nach Karlsruher Ansicht bisher nicht als „System gegenseitiger kollektiver Sicherheit“ gilt und deshalb die verfassungsrechtlich geforderte Einbindung des Einsatzes fehlt.

Wie begrenzt die Organklage ist, sollte die Linke wissen. Schon im Jahr 1999 scheiterte ihre Klage gegen den – mutmaßlich völkerrechtswidrigen – Kosovo-Krieg an der fehlenden Klagebefugnis. Die damalige Organklage der Linken/PDS wurde in Karlsruhe mit einem kurzen Beschluss als „unzulässig“ verworfen.

Auch eine abstrakte Normenkontrolle ist gegen den Syrien-Beschluss des Deutschen Bundestags nicht möglich. Zum einen ist der Beschluss kein Gesetz. Doch selbst wenn man die Normenkontrolle auf Bundeswehrmandate kreativ ausweitet, dann müsste sie doch von mindestens 25 Prozent der Abgeordneten unterstützt werden. Grüne und Linke haben derzeit aber zusammen nur rund 20 Prozent der Sitze im Parlament.

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