Deutsche NGO in Russland verboten: Schlag gegen Wahlbeobachter

Die verbotene EPDE muss ihre Kooperation mit russischen Wahlbeobachtern einstellen. Unterstützung kommt von der Bundesregierung.

Putin steht an einer Wahlurne und gibt seinen Stimmzettel ab

Zumindest einer wird bei der Wahl beobachtet: Wladimir Putin Foto: dpa

BERLIN taz | Die deutsche Organisation European Platform for Democratic Elections (EPDE), die von der russischen Regierung als „unerwünscht“ eingestuft worden ist, wird ihre Arbeit in Russland stark einschränken, hat EPDE am Mittwoch in Berlin bestätigt. Die NGO unterstützt unabhängige Wahlbeobachter in osteuropäischen Ländern und kooperiert deswegen mit Organisationen, unter anderem aus Armenien, Aserbaidschan, der Ukraine – und bis jetzt Russland. Nun jedoch sieht sich die EPDE gezwungen, die Zusammenarbeit mit ihrem russischen Partner Golos vorerst einzustellen.

Denn am 13. März, fünf Tage vor der Präsidentenwahl in Russland, hat das russische Justizministerium EPDE als „unerwünschte Organisation“ eingestuft und auf einer entsprechenden Liste eingetragen, einen Tag später wurde ihre Webseite gesperrt. Die Listung kommt einem Verbot gleich: EPDE darf keine Veranstaltungen mehr in Russland organisieren, keine Bankgeschäfte tätigen, keine Niederlassungen gründen. Den Mitgliedern kann die Einreise nach Russland verwehrt werden.

Vor allem aber müssen russische Partner mit schwerwiegenden Konsequenzen rechnen, sollten sie weiterhin mit EPDE zusammenarbeiten: Die „Kooperation“ mit einer „unerwünschten Organisation“ wird bestraft. „Der Begriff Kooperation wird hier weit gefasst“, sagte EPDE-Leiterin Stefanie Schiffer am Mittwoch in Berlin. „In der Vergangenheit hat auch schon ein Link auf einer Internetseite gereicht.“ Die angedrohten Strafen reichen von hohen Geldstrafen bis zu sechs Jahren Gefängnis.

Schiffer interpretiert das Verbot deshalb vor allem als Versuch, die Arbeit der russischen Wahlbeobachter zu behindern. „Die Schlagrichtung zielt eindeutig auf unsere Partnerorganisation Golos“, erklärte sie.

Verleumdungskampagne in russischen Medien

Golos, auf Deutsch „Stimme“, verfüge über besonders viel Erfahrung und sei daher in der Vergangenheit enorm wichtig für das Netzwerk der unabhängigen Wahlbeobachter gewesen. Laut Schiffer würden Wahlen in Osteuropa oft auf ähnliche Arten gefälscht. Insofern richte sich das Verbot nicht nur gegen die unabhängige russische Wahlbeobachtung, sondern gegen alle, „die sich in Osteuropa gegen Wahlfälschung einsetzen.“

Gleichzeitig mit dem Verbot haben einige russische Medien eine Verleumdungskampagne gegen Golos und gegen Schiffer persönlich gestartet. Schiffer war zuvor illegal gefilmt, ihre Telefongespräche waren mitgeschnitten worden. Bereits vor einigen Jahren war Golos ins Visier der russischen Regierung geraten, weil die NGO sich geweigert hatte, sich wegen früherer finanzieller Förderung aus den USA als „ausländischen Agenten“ zu registrieren. Seitdem arbeitet Golos als eine „Bewegung“, bestehend aus Einzelpersonen.

Das Gesetz, das das russische Justizministerium anwendet, ist seit 2015 in Kraft. Es sieht vor, dass Organisationen, die „eine Bedrohung für die Verfassungsordnung, Verteidigungsfähigkeit und Sicherheit Russlands darstellen“, als „ausländische Agenten“ gelistet werden können. Wie die EPDE irgendeine dieser Dinge gefährde, sei Schiffer nicht klar. „Uns ist nicht bekannt, gegen welches Gesetz wir verstoßen haben sollen“, sagt sie.

Klare Worte findet auch Ronald Pofalla, der deutsche Vorsitzende des deutsch-russischen Gesprächforums Petersburger Dialog: „Das ist ein Versuch, legale zivilgesellschaftliche Arbeit einzuschränken.“ Zwar wolle der Petersburger Dialog nicht offiziell Stellung nehmen, Pofalla persönlich setze sich jedoch dafür ein, dass das Verbot aufgehoben wird. Die Bundesregierung fordert ebenfalls eine Rücknahme der Listung, wie das Auswärtige Amt der taz bestätigte.

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