Der Wochenendkrimi: Klingelingeling mit toten Babys

Kriminelle Banden und Menschenhändler zur Weihnachtszeit: Der Münchner Tatort ist geradezu kathartisch.

Zwei Frauen in der Münchner S-Bahn. Die eine ist schwanger und hält sich den Bauch. Die andere stützt sie.

Anuscha Dablika (Cosmina Stratan) hilft ihrer Schwester Tida (Mathilde Bundschuh), deren Fruchtblase unerwartet früh geplatzt ist. Foto: ARD Degeto/BR/Walter Wehner

Eigentlich hat man am Abend des zweiten Feiertags wirklich genug für ein ganzes Jahr. Genug von Weihnachtsliedern, Firmenfeiern, Christbäumen, trockenem Stollen, Sieben-Kilo-Gänsen und Familienärger. Vor allem aber von toten Babys. Und menschenverachtenden Banden.

Aber nun ja, da sind wir eben, „Klingelingeling“, der Münchner Tatort. Im Zentrum der harten, aber guten Folge mit dem Duo Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Batic (Miroslav Nemec) haben wir es mit der unerträglichen Heuchelei zu tun, die besonders in diesen Tagen sichtbar wird: Kriminelle Banden, die busweise Frauen, Jungs, Kinder aus Rumänien zum Betteln in die Fußgängerzonen karren. Nicht ohne sie unter Drogen zu setzen und windelweich zu prügeln.

Mittendrin die zwei jungen Schwestern Tida (die großartige Mathilde Bundschuh, die man etwa aus dem Gerichtsdrama „Das Ende der Geduld“ kennt) und Anuscha Dablika (die Rumänin Cosmina Stratan, 2012 in Cannes und 2014 auf der Berlinale ausgezeichnet).

Auf der Flucht vor der Bande

Die eine bekommt Monate zu früh Wehen, bringt das Kind in einem Keller zur Welt, das kurz darauf tot in einer Friedhofskapelle gefunden wird. Die andere flieht, der Anführer Radu Stelica (Florin Piersic jr.) und seine Helfer hinter ihr her, dabei stirbt Radus Bruder. Die Schwestern finden Zuflucht bei einer rumänischen Hilfsorganisation, Bande und Kommissare immer hinterher.

Tatort München: "Klingelingeling", Montag, 20.15 Uhr, ARD

Wäre es irgendeine andere Tatort-Filiale, hätte das Thema ziemlich schief gehen können. Aber dem Drehbuch von Dinah Marte Grolch, der Regie von Marcus Imboden (der derzeit gefühlt jeden Tatort macht) und vor allem der Souveränität von Wachtveitl und Nemec sei Dank passiert das nicht.

Und vor allem eines funktioniert, auch das dank der pointierten Inszenierung Imbodens: Es ist geradezu kathartisch, wie herrlich genervt die Kommissare von dem ganzen Klingeling-Gedöns sind. Und dann am Ende das einzig Erhellende tun in diesen trostlosen Tagen. Sie fahren nach Rumänien. Und bringen die Toten und Lebenden zu ihren Familien zurück.

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