Der Entwurf für den Koalitionsvertrag: Die Möglichkeit einer GroKo

Im Vertragsentwurf ist auf 167 Seiten erstaunlich wenig strittig. Aber da, wo es hakt, zeigen sich die politischen Reibungsflächen zwischen Union und SPD.

Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht zu Journalisten

Alle wollen wissen, was geht: Angela Merkel am Dienstag vor der Verhandlungsrunde in der CDU-Zentrale Foto: dpa

Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, an dem die Partner in spe seit Längerem feilen, würde sich an einem Deutschland in Europa ausrichten. In einem Vertragsentwurf (PDF), der der taz vorliegt, trägt das erste Kapitel die programmatische Überschrift „Ein neuer Aufbruch für Europa“. Erst an zweiter Stelle folgt: „Eine neue Dynamik für Deutschland“.

Der Entwurfstext umfasst 167 Seiten, es fehlt noch die Präambel, quasi der umfassende Leitgedanke einer möglichen Großen Koalition. Doch der erste Satz in der vorliegenden Fassung ist programmatisch: „Die Europäische Union ist ein historisch einzigartiges Friedens- und Erfolgsprojekt – und muss es auch künftig bleiben.“ Deutschland sei dem Erfolg des europäischen Projekts „verpflichtet“.

Gelb markiert sind in dem Papier anderthalb Dutzend strittige Themen. Das ist wenig, gemessen an den vielen Themen, die die Belange künftiger Regierungsarbeit zu berücksichtigen versucht. Es geht von Familienpolitik, Bildung und sozialer Teilhabe über Soziales, Zuwanderung und Infrastrukturpolitik bis zu den Themen Rechtsstaat, Außen- und Sicherheitspolitik sowie Verkehr, Umwelt- und Ressourcenschutz.

Die meisten strittigen Stellen betreffen Wünsche der Sozialdemokraten. In der Außenpolitik etwa steht ein Erfolg der SPD wieder auf der Kippe: Die Parteien hatten ursprünglich vereinbart, vorerst keine Rüstungsexporte an Länder mehr zu genehmigen, die am Jemen-Krieg beteiligt sind. Die Union hatte in den Sondierungsgesprächen eigentlich schon zugestimmt. Im Entwurf ist die Passage nun aber gelb markiert. Der Punkt ist also strittig, die Parteivorsitzenden sollen entscheiden.

Überhaupt kein Thema sind die Rüstungsexportein die Türkei

Überhaupt kein Thema sind die Rüstungsexporte in die Türkei – trotz der aktuellen Diskussion über deutsche Panzer, die die türkische Armee für ihre Offensive in Nordsyrien einsetzt.

Die Koalition will den Ausbau der digitalen Infrastruktur durch Glasfaserkabel voranbringen – und rechnet damit, dass allein in dieser Legislaturperiode ein öffentlicher Finanzierungsbedarf von 10 bis 12 Milliarden Euro entsteht. Dieser soll in einem „Gigabitinvestitionsfonds“ bereitgestellt werden.

Eine Änderung gibt es im Verkehrsbereich: Nach massiver öffentlicher Kritik verzichten Union und SPD nun auf die Ankündigung, die Luftverkehrssteuer abzuschaffen. Geblieben ist allerdings die weniger konkrete Aussage, man wolle „die Entlastung unserer Flughäfen und Luftfahrtunternehmen von einseitigen nationalen Kosten“.

Prima Klima?

Beim Klimaschutz bleibt es dabei, dass das Ziel für 2020 faktisch aufgegeben und die Entscheidung über einen Kohleausstieg in eine Kommission verschoben wird.

Beim umstrittenen Pflanzengift Glyphosat konnte sich die SPD nicht mit ihrer Forderung durchsetzen, ein konkretes Datum für den angekündigten Ausstieg festzulegen. Es bleibt bei der Aussage, dieser solle „so schnell wie möglich“ erfolgen. Erleichtert werden soll das Abschießen von Wölfen: Sie sollen getötet werden können, wenn sie „Weidezäune überwunden haben oder für den Menschen gefährlich werden“.

Am Dienstagnachmittag wurden die Bundestagsabgeordneten der Union informiert, dass sie sich ab Mittwochmittag für eine mögliche Fraktionssitzung bereithalten sollen. Damit verdichteten sich die Zeichen dafür, dass es zum Abschluss eines Koalitionsvertrages kommt – die Abgeordneten von CDU und CSU sollen dann die geplanten Absprachen für eine Regierung mit der SPD begutachten. Die SPD will in den kommenden Wochen bekanntlich ihre Basis über den Koalitionsvertrag abstimmen lassen.

Autoren: Martin Kaul, Malte Kreutzfeldt, Anja Maier, Tobias Schulze

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