Demokratiebewegung in Hongkong: Kein Ende in Sicht

Die Proteste in Hongkong dauern auch am dritten Tag in Folge an. Verwaltungschef Leung fordert ein „sofortiges“ Ende, die Protestbewegung will seinen Rücktritt.

Protestierende blockieren schlafend eine Straße Bild: reuters

HONGKONG afp | Die Demokratiebewegung in Hongkong hat auch am dritten Tag in Folge ihre Proteste fortgesetzt. Zahlreiche Straßen in der chinesischen Sonderverwaltungszone waren am Dienstag weiter blockiert. Die Proteste in der Nacht verliefen friedlich. Hongkongs Verwaltungschef Leung Chun Ying forderte ein „sofortiges“ Ende der Proteste der Demokratiebewegung.

Zehntausende Demonstranten harrten weiter auf den Straßen aus – müde aber erleichtert darüber, dass die Polizei in der Nacht nicht wieder eingegriffen hatte. „Ich bin froh, dass die Polizei letzte Nacht kein Tränengas eingesetzt hat, aber wir haben immer noch nichts Konstruktives von der Regierung gehört“, sagte Demonstrantin Sara Chan im zentralen Geschäftsviertel Admiralty. Vielerorts herrschte in den Straßen während der Nacht Volksfeststimmung. Am Dienstagmorgen blieben erneut viele Schulen geschlossen, im öffentlichen Nahverkehr kam es zu zahlreichen Ausfällen.

Leung erklärte, die Protestbewegung Occupy Central habe „wiederholt“ gesagt, dass sie die Demonstranten aufrufen werde, die Proteste zu beenden, wenn die „Bewegung außer Kontrolle gerät“. Er fordere Occupy Central dazu auf, das „Versprechen an die Gesellschaft einzuhalten und die Kampagne sofort zu stoppen“. Occupy-Mitbegründer Chan Kin Man sagte daraufhin, wenn Leung zurücktrete, würden die Proteste „zumindest zeitweise“ eingestellt, bis über neue Schritte entschieden worden sei. Ein Rücktritt wäre ein „wichtiges Signal“, dass die Regierung „die Krise lösen will“.

Die Protestbewegung hatte am Sonntag mehrere Hauptverkehrsstraßen besetzt, woraufhin die Polizei mit Tränengas gegen die Menge vorging. Es kam zu chaotischen Szenen, Verletzten und Festnahmen. Am Montag zog sich die Bereitschaftspolizei aber weitgehend zurück, so dass sich die Situation entspannte.

Proteste gegen verwehrte Wahlreform

Die Proteste in Hongkong sind die größten seit der Rückgabe der britischen Kronkolonie an China im Jahr 1997. Die Massenproteste, die mit einem Streik der Studenten begonnen hatten, richten sich gegen eine von Peking verwehrte Wahlreform in Hongkong. Zwar soll die Bevölkerung dort 2017 erstmals direkt einen Verwaltungschef wählen dürfen, doch will die Zentralregierung in Peking ihr genehme Kandidaten auswählen, um so ihren Einfluss zu sichern.

Am Sonntagmorgen schloss sich auch Occupy Central dem Studentenstreik an. Weil die Demonstranten sich mit Regenschirmen gegen das Tränengas zu schützen suchen, sprechen einige Teilnehmer von einer „Umbrella Revolution“ (Regenschirm-Revolution). Die Proteste bringen Peking in eine schwierige Lage: Eine nachgiebige Haltung könnte zu einer Ausweitung der Proteste aufs Festland führen, ein hartes Vorgehen würde international einen Aufschrei auslösen.

Verwaltungschef Leung hatte am Montag Gerüchte über einen bevorstehenden Militäreinsatz dementiert. Chinesische Staatsmedien bezeichneten die Proteste der „radikalen Aktivisten“ als aussichtslos. In Internetforen wurden Berichte über die Proteste von den chinesischen Behörden rasch gelöscht, während der Fotodienst Instagram ganz blockiert wurde.

Die USA riefen beide Seiten zu Gewaltlosigkeit auf. „Wir drängen die Behörden von Hongkong zur Zurückhaltung und die Demonstranten, ihre Ansichten friedlich zum Ausdruck zu bringen“, sagte Regierungssprecher Josh Earnest. Das britische Außenministerium zeigte sich besorgt über die Situation in der früheren Kronkolonie. Auch Taiwan stellte sich hinter die Proteste. Für die Bundesregierung erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert, Deutschland hoffe, „dass die staatlichen Kräfte in Hongkong besonnen reagieren und die Rechte der Bürger auf friedliche Meinungsäußerung auch wahren“.

Seit 1997 genießt Hongkong einen Sonderstatus: Gemäß dem Prinzip „Ein Land – zwei Systeme“ werden Bürgerrechte wie Presse- und Versammlungsfreiheit gewährt, die auf dem chinesischen Festland stark eingeschränkt sind. Die Proteste erinnern an die Demokratiebewegung 1989, die auf dem Pekinger Tiananmen-Platz blutig niedergeschlagen wurde.

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