Demodiversitäten: Reaktionäre auf Tuchfühlung

Am Samstag demonstrieren Linke und Rechte gegen Pierre Vogel. Von rechts kommen merkwürdige Annäherungsversuche an den bekannten Salafisten.

Beliebt: Pierre Vogel in Bremen, 2014 Foto: Foto: Jean-Philipp Baeck

BREMEN taz | Wenn Oliver Meier am Samstag demonstriert, dann vor allem gegen Linke. Meier hat einen Protest angemeldet. Eigentlich war der Anlass dafür der Besuch Pierre Vogels, einem der bekanntesten Salafisten Deutschlands. Der plant am Samstag ebenfalls einen Auftritt in Bremen und will auf dem Willy-Brandt-Platz predigen: unter dem Motto „IS ist nicht Islam“. Das scheint den Rechtspopulisten Meier zu verwirren, da er ja auch gegen den IS ist. Als eindeutigerer Konterpart kommt so die dritte Kundgebung am Samstag gelegen: Die Linken, die gegen beide sind.

Viel los also am Samstag in der Innenstadt rund um den Bahnhof: Die Polizei rechnet mit 500 Vogel-AnhängerInnen und 50 TeilnehmerInnen auf der Kundgebung auf der Bürgerweide, der von Meier, dem früheren „Bürger in Wut“. Bei der linken Kundgebung, die sich gegen Salafismus und Rechtspopulismus richtet, rechnet die Polizei mit 200 TeilnehmerInnen. Deren Motto: „Kein Gott. Kein Staat. Kein Kalifat“.

Das linke Bündnis aus antifaschistischen Gruppen, kurdischen Verbänden, der Linksjugend und dem Hochschul-AStA mobilisiert auf den Bahnhofsvorplatz. Bündnis-Sprecher Tobias Helfst kritisiert sowohl Vogel als auch Meier als „sexistisch“ und „sozial-rassistisch“.

Meier wehrt sich vehement gegen solche Vorwürfe. Seine Kundgebung richte sich „an die gesellschaftliche Mitte“, sagte er der taz. Und rechtsextremistische TeilnehmerInnen? Schließt Meier nicht aus, solange sie sich an seine „Hausordnung“ hielten. Aber: „Dass rechte Hooligans und NPD-Mitglieder erscheinen werden, liegt allein an der Berichterstattung“, so Meier. Der Weser-Kurier habe ihn in die rechte Ecke gestellt. Die einzige Bedrohung am Samstag geht für Meier von der „Linksautonomen Antifa“ aus.

Mit dem Prediger Vogel hingegen stehe er im Kontakt, sagt Meier: Ihr Verhältnis sei „respektvoll und vernünftig“. Überhaupt habe er kein großes Problem mit dem Salafisten: Er begrüße dessen Distanzierung vom IS und bewerte diesen Schritt als „mutig“, schließlich stehe Vogel nun auf dessen Abschussliste. Trotzdem will Meier demonstrieren – wegen Vogels Frauenbild.

Helfst überrascht diese Annäherung, aber letztendlich würden beide damit politisch Farbe bekennen: „Sie verteidigen nur unterschiedliche Identitäten.“ Sowohl Rechte als auch Salafisten verträten eine diskriminierende Ideologie. Von Vogels Absage an den IS könne man nicht auf eine plötzlich aufklärerische Einstellung schließen, sagt Helfst: „Vogels einziges Problem besteht darin, dass der IS andere Islamisten unter Druck setzt. Seine eigene Sorte Islamismus soll die einzige sein.“

Helfst berichtet indes von ungewöhnlichen Auflagen, die ihm die Polizei angekündigt habe. Etwa solle er OrdnerInnen benennen, was bei einer stationären Kundgebung sehr unüblich sei. Helfst vermutet, dass die Polizei große Angst vor islamistischen Anschlägen habe.

Tobias Helfst, Linkes Bündnis

„Sie verteidigen nur unterschiedliche Identitäten.“

Details zum Einsatz gibt die Polizei aus taktischen Gründen nicht bekannt. Die Polizei plane die drei angemeldeten Kundgebungen voneinander zu trennen und deren „Versammlungsfreiheit zu gewährleisten“, sagte Polizeisprecher Nils Matthiesen. „Das hat auch bei Vogels letztem Besuch 2014 gut geklappt“. Dafür werde die Theodor-Heuss-Allee komplett gesperrt. Zur Bedrohungslage wollte er sich nicht äußern: „Die Polizei spekuliert nicht.“ Konkrete Hinweise auf Gewalttaten gebe es keine.

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