Debatte über Wohnraum in Berlin: Senat setzt auf den Stadtrand

Weil die Stadt wächst, sollen bis 2025 knapp 140.000 neue Wohnungen entstehen. In der Innenstadt wird es eng – also nimmt das Land wieder die Großsiedlungen ins Visier.

Bald wieder begehrt: Plattenwohnung an Berlins Stadtrand. Bild: dpa

Berlin wächst – nur wohin? Der Stadtentwicklungsplan (Step) Wohnen, dessen Entwurf die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung am Montag erstmals vorstellte, hat dazu eine eindeutige Antwort: Von den 211.000 Wohnungen, für die es mittelfristig Flächen in Berlin gibt, können alleine 101.000 durch die „Nachverdichtung in der äußeren Stadt“ errichtet werden. Soll heißen: Neue Siedlungen und Wohnquartiere in unmittelbarer Nachbarschaft zu Großsiedlungen in Marzahn, in der Gropiusstadt oder im Märkischen Viertel sollen einen großen Teil der Nachfrage nach Wohnen in Berlin in Zukunft bedienen.

Dass Berlin wächst, daran lässt Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) keinen Zweifel. „Die Berliner Bevölkerung wird bis 2030 um etwa 250.000 Bewohner steigen“, zitiert Müller die aktuelle Bevölkerungsprognose. Allein in den vergangenen drei Jahren sind 100.000 Menschen an die Spree gezogen.

Der Step Wohnen, der nach der Sommerpause vom Senat verabschiedet werden soll, hat aus der Prognose den mittelfristigen Bedarf an Neubauwohnungen errechnet: Bis 2025 sind laut Müller 137.000 Wohnungen nötig. Im Schnitt sollen jährlich 9.400 Wohnungen entstehen. Das sind 3.400 mehr, als der Senat im Koalitionsvertrag beschlossen hat.

Ganz so schnell wird es aber mit dem Wohnungsbau nicht gehen. „Wir haben 2012 10.000 Baugenehmigungen gehabt“, sagt Ephraim Gothe (SPD), Staatssekretär für Bauen und Wohnen. Davon seien 7.000 Wohnungen tatsächlich im Bau. Um Konflikte zwischen Bezirken, Senat und Bauherren auszuräumen und aufs Tempo zu drücken, will der Senat eine Wohnungsbauleitstelle einrichten.

Allerdings sind die Baupotenziale in der Innenstadt knapp bemessen. „Nur 10.000 Wohnungen können durch die Bebauung von Baulücken in der Innenstadt errichtet werden“, sagt Reiner Nagel, Abteilungsleiter in der Stadtentwicklungsverwaltung, unter dessen Federführung der Plan entstanden ist. Weitaus größer sind die Potenziale auf freien Flächen mit einer Größe von mehr als einem Hektar – also etwa in Tegel, in Adlershof, aber auch auf dem Tempelhofer Feld. Deshalb warb der Senator auch um mehr Zustimmung für das Thema: „Wir brauchen mehr Akzeptanz für den Wohnungsbau.“

Zuletzt hatte Mietervereinschef Reiner Wild in der taz kritisiert, dass die Neubaupotenziale am Bedarf vorbeigeplant würden. „Die meiste Nachfrage gibt es in der Innenstadt, dort steigen die Mieten enorm.“ Ungeachtet dessen setzt der Senat nicht nur auf Wohnungsbau, sondern auch auf eine Aufwertung am Stadtrand. Diesem Ziel dient auch die Internationale Bauausstellung IBA 2020. Ihr Titel: „Draußenstadt wird Drinnenstadt“.

Das Motto des Stadtentwicklungsplans wiederum lautet: „Auf die Mischung kommt es an.“ Dabei hat der Plan selbst kaum Einfluss darauf, welche Menschen wo zusammenleben. „Wir machen einen räumlichen Plan. Um die Mischung muss sich die Politik kümmern“, so Nagel.

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