De Maizière und Betterplace.org: Crowdfunding für Willkommenskultur

Ausgerechnet das Innenministerium unterstützt eine Webseite für Flüchtlingsprojekte. Sie offenbart die Lücken in der staatlichen Versorgung.

Thomas de Maizière zeigt auf einen Computerbildschirm

Ein Staat profitiere davon, wenn „eine starke Bürgergesellschaft“ Aufgaben übernehme, sagt de Maizière. Foto: dpa

BERLIN taz | Draußen rollen schwarze Busse die Gäste der Fashionweek durch die Stadt, drinnen, im Loft-Büro in einem Kreuzberger Hinterhof, steht Thomas de Maizière und irgendwie geht es hier auch um Kleidung. Nur ganz anders.

Der Innenminister ist bei Betterplace.org zu Besuch, einem Unternehmen, dass eine Plattform für Crowdfunding-Aktionen bereitstellt. Ihr neuestes Projekt: eine Seite, auf der ausschließlich Flüchtlingsinitiativen Spenden sammeln: zusammen-fuer-fluechtlinge.de.

2,7 Millionen Euro wurden dort bereits gespendet. Für ein Schnellboot in der griechischen Ägäis beispielsweise, für Deutschunterricht oder für einen Fahrer, der Kakao und Kekse dorthin bringt, wo Geflüchtete in langen Schlangen auf ihre Registrierung warten müssen. Aber auch für Schuhe, gefütterte, warme für Männer. Denn die sind längst Mangelware in zahlreichen Kleiderkammern. Die Webseite ist ein Kaleidoskop der deutschen Hilfsbereitschaft.

De Maizière sagt, wie froh er über dieses ehrenamtliche Engagement sei: Überall nur Staat, das sei nicht gut, im Gegenteil. Ein Staat profitiere davon, wenn „eine starke Bürgergesellschaft“ Aufgaben übernehme. Deshalb fördert sein Ministerium die Seite auch finanziell. Dabei offenbart sie, wo Lücken in der staatlichen Versorgung klaffen, wo Kleidung, Sprachkurse, Zuwendung fehlen. Aber darüber will de Maizière nicht sprechen, lieber über die Selbstverständlichkeit, mir der ein Land wie Deutschland Geflüchteten ein Bett und Schutz anbiete, sie anständig behandle.

Falscher Begriff

„Ich finde, das ist mit dem Begriff Willkommenskultur nicht richtig beschrieben“, sagt de Maizière. Vielleicht ist er auch tatsächlich falsch für das, was sich in Deutschlands Turnhallen abspielt.

Neben dem Innenminister steht Sophie Mirow vom Projekt „Flüchtlinge willkommen“, das Geflüchtete in WGs, Wohnungen und Häuser vermittelt. Raus aus der Massenunterkunft, rein in die Gesellschaft. „Wir sehen, wie effektiv es ist, wie viel es hilft“, sagt Mirow.

Acht Mitarbeiter vermitteln in vierzehn deutschen Städten und neun weiteren Ländern, allein durch Crowdfunding finanziert. Und sie kommen nicht hinterher. „Ich freue mich, wenn sich der Innenminister über ziviles Engagement freut“, sagt sie. Besser aber wäre Unterstützung, beispielsweise dann, wenn Asylregelungen es Geflüchteten schwermache, in eine eigene Unterkunft zu ziehen.

Bisher geht die Unterstützung eher in die andere Richtung: Mirow und ihre Kollegen springen ein, wenn am Berliner Lageso Geflüchtete vergeblich für ihre Registrierung angestanden haben und deshalb obdachlos sind. Ihr Projekt zu unterstützen „macht Sinn für die Politik“, sagt Mirow. Aber da ist de Maizière schon wieder weg.

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