Chinas Härte gegen Menschenrechtler: Zwölf Jahre Haft für Anwalt

Versprochen hatte China Rechtsstaatlichkeit, geändert hat sich wenig. Nun trifft es einen Anwalt, der sich unter anderem für Ai Weiwei eingesetzt hatte.

Lin Ru, Frau des verurteilten Anwalts, umringt von Polizisten

Unter Druck. Lin Ru, die Frau des chinesischen Menschenrechtsanwalts Xia Lin, nach dem harten Urteil gegen ihren Mann Foto: reuters

PEKING taz | Die Hoffnungen waren groß als Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping vor zwei Jahren beim 4. Plenum des Zentralkommitees „Rechtsstaatlichkeit“ zum Hauptthema machte. Der Rechtsstaat sei Grundlage für einen modernen und funktionierenden Staat hieß es in dem Abschlusskommuniqué. Und auch die Achtung von Menschenrechten fand darin explizit Erwähnung.

Einige Anwälte hatten diese Ankündigung offensichtlich zu wörtlich genommen. Sie sitzen in Haft. Nach einer Welle von Verhaftungen und Veurteilungen von Anwälten trifft es nun auch den Menschenrechtsanwalt Xia Lin. Ein Gericht in Peking hat ihn am Donnerstag zu einer außergewöhnlich hohen Strafe von zwölf Jahren Haft verurteilt. Wegen Betrugs, heißt es. Menschenrechtsorganisationen halten das Urteil für vorgeschoben. Sie glauben, die chinesischen Behörden haben ihn auf den Kieker, weil er Fälle von Aktivisten übernommen hat, die den Behörden nicht genehm sind.

Der 46-jährige Anwalt hat unter anderem Ai Weiwei und den über China hinaus bekannten Menschenrechtsanwalt Pu Zhiqiang verteidigt. In dem Urteil heißt es, Xia habe sich Geld von Firmen und Einzelpersonen geliehen und es veruntreut. Der Menschenrechtsorganisation Chinese Human Rights Defenders (CHRD) zufolge habe sich Xia lediglich Geld von Freunden geliehen. Sie hätten zu keinem Zeitpunkt gegen ihn Vorwürfe erhoben.

Dieses Urteil sei „eine schwere Vergeltung gegen einen Verfechter der Menschenrechte, der die Rechtsstaatlichkeit verteidigt und die Regierung herausforderte“, heißt es in einer Erklärung der Organisation CHRD. Sie kritisiert, dass bei dem Prozess gegen grundlegende Rechte des Angeklagten verstoßen wurde. Im Visier der chinesischen Behörden steht Xia schon seit geraumer Zeit.

Hillary Clinton setzte sich für blinden Bürgerrechter ein

Er hatte unter anderem dem Aktivisten Guo Yushan rechtlichen Beistand geleistet, der wiederum 2012 den blinden Bürgerrechtler Chen Guancheng bei seiner spektakulären Flucht aus dem Hausarrest in die US-Botschaft in Peking geholfen hatte. Der Vorfall sorgte weltweit für Schlagzeilen. Hillary Clinton, die damalige US-Außenministerin, setzte sich persönlich für die Ausreise des blinden Aktivisten ein. Die chinesische Regierung willigte nach heftigem diplomatischem Gerangel zwar ein, empfand den Vorfall aber als Gesichtsverlust.

Als Xia den Sympathisanten der Hongkonger Demokratiebewegung vor zwei Jahren juristischen Beistand leistete, wurde er erstmals selbst festgenommen. Er ist nicht der einzige Menschenrechtsanwalt, gegen den die chinesischen Behörden derzeit mit aller Härte vorgehen.

Vor einem Jahr nahmen sie mehr als 300 Anwälte, Angehörige und ihre Mitarbeiter fest – nach Angaben von „Human Rights Watch“ eine der größten Verfolgungswelle gegen eine einzelne Berufsgruppe seit Jahrzehnten in China. Vier von ihnen wurden im August zu Bewährungs- und teilweise auch langen Haftstrafen verurteilt. Weitere knapp zwei Dutzend sind noch in Haft. Ihre Urteile werden in den kommenden Wochen erwartet.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.