Champions-League-Achtelfinale: Wake-Up-Call für München

Die Münchner stolpern mit einer Niederlage gegen Arsenal ins Viertelfinale. Endlich hat Uli Hoeneß wieder einen Grund, so richtig vom Leder zu ziehen.

MÜNCHEN taz | Na, das kam ja gerade nochmal rechtzeitig: eine Zitterniederlage statt eines gemütlichen Viertelfinaleinzugs. 0:2 zuhause gegen Arsenal. Besser konnte der FC Bayern gar nicht in die nächste Champions-League-Runde einziehen. Mit Ach und Krach statt mit Pauken und Trompeten.

Für die schrillen Töne sorgte danach der Präsident höchstselbst: „So reicht es nicht in der Champions League. Ich hoffe, das war ein letzter Warnschuss, rechtzeitig. Seit drei Wochen spielen wir einen schönen Dreck! Wir waren schon in Hoffenheim nur durchschnittlich, hatten gegen Düsseldorf Mühe und Not. Und jetzt haben wir verloren! The trend is your friend! Jetzt müssen wir den Hebel umstellen, die richtigen Konsequenzen ziehen, wenn wir in der Champions League etwas erreichen wollen. Es ist gerade fünf vor zwölf!“

So schimpft nur einer im deutschen Fußball: Uli Hoeneß. Allzu lange durfte er ihn nicht mehr geben, den Mahner in der 20-Punkte-Vorsprung-Wüste. Irgendwann im Herbst vergangenen Jahres hatte der FC Bayern zuletzt mal ein Spiel verloren, angeblich gegen eine Mannschaft namens Vizekusen.

Seitdem schleppte sich Hoeneß nach jedem gefühlten 7:0 oder 8:0 seines Teams durch die Mixed Zone der Allianz Arena und wusste wirklich nicht mehr, was er den wartenden Journalisten noch entgegenblaffen sollte. Immer diese Siege! Kein Grund zum Meckern, nirgends.

Heile Bayern-Welt

Thomas Müller sprach nach dem 0:2 von einer heilen Bayern-Welt, die nun empfindlich gestört wurde: „Wir wussten alle, dass ein 0:2 zum Weiterkommen reicht. Ich hätte das nie für möglich gehalten, aber vielleicht ist das auch der Fehler. Das Spiel wirft Fragen auf in unserer heilen Welt. Vier Gegentore in den zwei Spielen: So viel haben wir zuletzt vielleicht in sechs Wochen kassiert.“

Kollege Arjen Robben sah das ähnlich: „Wir wurden ja überall schon als beste Mannschaft gelobt. Vielleicht ist es ein Wake-Up-Call zur richtigen Zeit.“ Der Wake-Up-Call war der Begriff des Abends. Bayern-Trainer Jupp Heynckes nannte es natürlich „Weckruf“ und fügte weise an: „Das war heute ein Lehrbeispiel. Das muss uns eine Lehre sein, dass man die nächste Runde noch nicht vor dem Spiel erreicht hat.“

Auch Gäste-Coach Arsène Wenger wollte sich dem Wake-up-Trend nicht entziehen und baute den Begriff so ein: „Für uns ist das eine Enttäuschung, dass seit 17 Jahren kein englischer Klub im Viertelfinale steht. Das muss ein Weckruf für uns sein.“ Das war jetzt zwar ziemlich aus dem Bayern-Kontext herausgerissen, aber sicher nicht völlig falsch.

Dass das Viertelfinale der Königsklasse heuer mal ohne englische Beteiligung stattfinden würde, war ja vorher schon ausgemacht. Der schelmisch abgekartete Plan der Bayern-Bosse mit Wenger war ja folgender: Erst mal die sieggewohnten Gastgeber mit einem frühen Gegentor ein bisschen schocken, um zu sehen, wie sie reagieren.

An Chelsea denken

Dann 80 Minuten lang in Viertelfinal-Sicherheit wiegen und kurz vor Schluss nochmal an der Spannungsschraube drehen: Anschlusstreffer machen und fünf Minuten lang sehen, ob die Roten nun am Rad drehen, an Chelsea denken und den Kopf verlieren. Ging prima auf. Nach dem Schlusspfiff jubelte der Verlierer, Arjen Robben riss sogar die Arme hoch. Da war jetzt schön viel Druck drauf. Gut gemacht, Arsenal!

Klub-Boss Rummenigge sprach in der Folge von Demut, Druck-Experte Oliver Kahn erkannte dagegen sofort die Tragweite der Partie für die Zukunft des Champions-League-Siegers in spe: „Es ist wichtig, dass die Mannschaft das heute mal so erlebt hat. Es läuft nicht immer alles rund. So ein Spiel mal über die Zeit zu retten, gibt Stabilität für die nächsten Spiele.“

Naja, ganz nett, Herr Kahn, aber so eine Analyse geht auch griffiger. Hören wir doch mal beim Kaiser rein: „Ich bin immer noch fassungslos, wie man so Fußball spielen kann“, schimpfte Franz Beckenbauer, „ich dachte, die Krönung am Samstag gegen Düsseldorf wäre genug gewesen. Heute gab’s noch mal eine Steigerung. Sie haben ohne Einsatz, ohne Konzentration gespielt, bis zum Ende. So kannst du unmöglich weiterspielen, sonst bist du in der nächsten Runde draußen. Egal gegen wen.“ So geht Fußball. Der ist einfach immer wieder schön, wenn Bayern nicht 7:0 gewinnt. Ist doch so, Herr Hoeneß, oder?

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.