Castorblockade von 2011: Freiluft-Knast war illegal

Das Landgericht Lüneburg erklärt den Polizeikessel von 2011 für rechtswidrig. Nun sind Schadenersatzklagen der illegal Festgesetzten möglich.

Polizei auf den Schienen: Der Castortransport 2011. Bild: dpa

BERLIN taz | Es war die größte Schienenblockade, die das Wendland je erlebt hat: Über 3.000 Menschen hatten im November 2011 bei Harlingen die Gleise besetzt, auf denen der Castortransport nach Dannenberg rollen sollte.

Rund 1.300 von ihnen wurden, nachdem die Polizei sie nachts von den Gleisen getragen hatte, in einem großen Freiluftgefängnis festgesetzt: In einem Kreis aus über 100 Polizeifahrzeugen mussten sie trotz Regen und Kälte teilweise über 12 Stunden auf einer Wiese ausharren.

Dieses Vorgehen wurde vom Landgericht Lüneburg nun für unrechtmäßig erklärt (Beschluss, PDF). Wichtigster Grund dafür sei, dass die Polizei die Festgenommenen nicht unverzüglich einem Richter vorgeführt habe, schreiben die Richter in ihrem rechtskräftigen Beschluss. Die Argumentation der Polizei, dass dies aus logistischen Gründen nicht möglich war, ließ das Gericht nicht gelten.

„Im Hinblick auf die überdurchschnittliche Größe der Demonstration war frühzeitig erkennbar, das auch überdurchschnittliche Kapazitäten erforderlich sein werden, um die Anhörungen durchführen zu können“, heißt es im Beschluss. Dies habe die Polizei gar nicht erst versucht.

Zudem seien Ingewahrsamnahmen nur erlaubt, so die Richter, wenn Straftaten zu erwarten seien. Dafür habe es bei dem Demonstranten, der geklagt hatte, jedoch keine „konkreten Anhaltspunkte“ gegeben; die Schienenblockaden stellten lediglich Ordnungswidrigkeiten dar.

400 bis 800 Euro Schadenersatz

Die Initiative Widersetzen, die die Blockade organisiert hatte, kündigte an, dass viele der illegal Festgesetzten nun auf Schadenersatz klagen werden. „Nachdem ihre Rechte so unverhältnismäßig verletzt wurden, werden viele der Betroffenen jetzt zumindest eine finanzielle Kompensation fordern“, sagte Sprecher Knut Hose.

Nach früheren Urteilen hält er je nach Dauer der Festsetzung 400 bis 800 Euro für realistisch. Zudem will die Gruppe versuchen, die Polizeiführung wegen Freiheitsberaubung strafrechtlich zu belangen.

Das hält Christine Röttgers von der Polizei Lüneburg für „wenig chancenreich“. Sie hält daran fest, dass die Polizei „nach bestem Wissen und Gewissen“ gehandelt habe. Für eine Entschuldigung sieht sie darum keinen Anlass. Allerdings wird die Polizei ihren Einspruch bei 237 ähnlich gelagerten Fällen nun zurückziehen.

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