Bundeswehr bildet Afghanistan aus: Fragwürdige Strategie ohne Alternative

Etwa 300.000 afghanische Soldaten und Polizisten sollen ausgebildet werden. Eine schwierige Mission. Die Reaktionen auf "Partnerring" fallen sehr unterschiedlich aus.

Ein deutscher Soldat auf Patrouille vor den Toren von Kundus. Das Verhältnis zur afghanischen Bevölkerung gespannt. Bild: reuters

BERLIN taz | Den vielleicht größten Einschnitt in den Alltag der Bundeswehrsoldaten in Afghanistan gab es in diesem Februar. Drei deutsche Soldaten starben in der Provinz Baghlan, nachdem ein afghanisches Mitglied der Nationalarmee das Feuer auf sie eröffnet hatte - im eigenen Lager am Stützpunkt "OP North". Der Täter gehörte zu den afghanischen Soldaten, die von der Bundeswehr im Rahmen des "Partnering" ausgebildet werden.

Partnering gehört heute zu den wichtigsten Elementen der Bundeswehr in Afghanistan. Denn nur mit einer gut ausgebildeten Armee und Polizei kann die Sicherheitsverantwortung den Afghanen übergeben werden. Erst seit dem vergangenen Jahr wird Partnering im Norden angewendet. Bis Ende dieses Jahres sollen 170.000 afghanische Soldaten und 134.000 Polizisten ausgebildet worden sein. Partnering wird im deutschen Verantwortungsbereich in Nordafghanistan mit zwei Ausbildungs- und Schutzbataillonen in Kundus und Masar-i-Scharif umgesetzt. Jeweils rund 650 Bundeswehrsoldaten sind daran beteiligt. In der Praxis begleiten die Bundeswehrsoldaten ihre afghanischen Partner im Ernstfall auch bei Kämpfen.

Aus Bundeswehrkreisen hört man, dass die Zusammenarbeit sehr unterschiedlich verläuft. In einigen Fällen sprechen Soldaten von "gutem, engem Kontakt", in anderen Fällen von fehlendem Vertrauen. Ein Problem sei demnach, dass die afghanischen Einheiten im Land oft versetzt werden und damit keine dauerhafte Zusammenarbeit ermöglicht wird.

"Kein Idealismus, kein Gemeinsinn"

Auch der niedrige Ausbildungsstand der eingesetzten Soldaten oder Polizisten ist ein Problem - die meisten Afghanen sind Analphabeten. Zudem bemängelt mancher Bundeswehrsoldat die fehlende Einstellung der Partner. "Es gibt bei vielen keinen Idealismus, keinen Gemeinsinn", heißt es. So versuchten die Auszubildenden bei Gelegenheit, unter Vorwänden Ausrüstung zu behalten.

Der Zwischenfall in Baghlan wird in Bundeswehrkreisen als Zäsur bewertet. Dass es grundsätzlich passieren könnte, sei den Soldaten klar gewesen. Doch mit einer solchen Aktion könne leicht "ein Keil zwischen Soldaten und Afghanen getrieben werden", heißt es. Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) will an der Strategie des Partnering festhalten, kündigte aber härtere Kontrollen in den Lagern an. Einen Satz hört man oft, wenn es um Partnering geht: Es gibt keine Alternative.

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