Bundesliga-Fußballer Ivan Klasnic: „Ich habe es allen gezeigt“

Ivan Klasnic von Mainz 05 über seine Unbeugsamkeit und seine neue Einstellung zum Sport nach seiner erfolgreichen Nierentransplantation.

Jubelnder Klasnic: Nach dem 1:1 gegen Fortuna Düsseldorf. Bild: dpa

taz: Herr Klasnic, Sie sind seit dieser Saison zurück in der Bundesliga. Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer aktuellen Situation in Mainz?

Ivan Klasnic: Der Anfang war schwer, ich bin nicht in den Tritt gekommen. Aber ich habe auf meine Chance gewartet. Die habe ich dann bekommen im Spiel gegen Düsseldorf. Ich glaube, ich habe das Vertrauen zurückgegeben mit meinem Tor. Schade, dass ich mich dann verletzt habe und zur Halbzeit mit einem Muskelbündelriss im Oberschenkel rausmusste.

Wie wichtig war es für Sie, dass Sie nach fünf Jahren mal wieder ein Tor in der Bundesliga erzielt haben?

Ich glaube, man muss das jetzt nicht so hoch bewerten. Ich kann nur sagen, wenn ich die Chance bekomme, dann schieße ich auch Tore. Wenn ich gesund bin, kann ich alles erreichen. Deshalb konzentriere ich mich jetzt darauf, wieder fit zu werden. Leider reicht es jetzt gegen Bremen noch nicht.

Bei Werder, Ihrem Exverein, läuft es derzeit nicht optimal. Warum eigentlich?

Man muss einen guten Mix von älteren und jüngeren Spielern haben. Das passt derzeit vielleicht nicht so in Bremen. Aber man darf Werder nie unterschätzen. Wir müssen gewinnen, damit wir oben dranbleiben. Die müssen gewinnen, damit sie nicht weiter abrutschen. Das wird interessant.

Der heute 30-Jährige wurde in Hamburg geboren. Seine beste Zeit hatte der Kroate beim SV Werder Bremen, mit dem er 2004 Deutscher Meister und Pokalsieger wurde. Ende 2006 wurde bekannt, dass der Fußballer unter einer Niereninsuffizienz leidet und deshalb eine Organtransplantation notwendig ist. Nachdem Klasnic’ Körper die bei einem ersten Eingriff im Januar 2007 in Bremen eingepflanzte Niere seiner Mutter abgestoßen hatte, konnte das von seinem Vater gespendete Organ am 16. März 2007 in Hannover erfolgreich transplantiert werden. Im November des selben Jahres feierte er sein Bundesliga-Comeback. 2008 unterschrieb er einen Vertrag beim FC Nantes, später lief er für die Bolton Wanderers auf. Im September 2012 verpflichtete ihn Mainz 05 für ein Jahr.

Bei dem Namen Klasnic denkt natürlich jeder an Ihre Krankheitsgeschichte, die Nierentransplantation. Nervt es Sie, immer wieder darauf angesprochen zu werden?

Ich kann da mittlerweile drüber lachen. Die Bild-Zeitung oder andere spielen immer wieder darauf an. Die sagen: Der ist krank. Ich habe es aber allen gezeigt, als ich nach der Nierentransplantation wieder gut Fußball gespielt habe. Ich habe eine EM und auf hohem Niveau in England und Frankreich gespielt. Ich bin zurück nach Deutschland gekommen und habe gezeigt, dass ich auch hier mithalten kann. Das Thema Transplantation kann man meinetwegen in die Schublade packen. Ich allein muss damit klarkommen – und niemand sonst. Einfach nur über das Sportliche zu sprechen, das wäre viel besser.

Denken Sie jetzt anders über den Sport?

Ja, wenn man nicht gesund ist, sollte man lieber pausieren. Man muss nicht immer spielen und dabei Risiken in Kauf nehmen.

Die Meisterschaft: Sollte Borussia Dortmund beim VfB Stuttgart nicht gewinnen, können die Münchner mit einem Sieg im Abendspiel bereits nach dem 27. Spieltag alles klarmachen – so früh wie kein Club je zuvor. Die bisherigen Bestmarken halten ebenfalls die Münchner; 1973 und 2003 waren sie nach 30 Partien rechnerisch Meister.

Die Spaßbremsen: Selbst wenn der FC Bayern die Schale gewinnt, wird es keine Party geben. „Wir werden auf keinen Fall feiern, es wird nicht einmal ein Essen geben“, sagte Kalle Rummenigge. Sie müssen fit sein für das Viertelfinale der Champions League am Dienstag gegen Juventus Turin.

Was hat Ihnen die Kraft gegeben, sich zurückzukämpfen?

Ich wollte unbedingt etwas erreichen, was keiner erreicht hat auf der Welt. Und das habe ich dann auch getan.

So einfach?

Ja, man muss immer positiv denken, an Gott und die Familie glauben. Ohne Unterstützung wird es schwer. Es ist wichtig, dass man ein Ziel hat und das auch verfolgt. Man sollte nicht sagen: Ich habe eine schwere OP gehabt, und deswegen kann ich mich jetzt ausruhen: Nein. Ich habe nie aufgegeben. An mir sieht man, dass man mit einem starken Willen Schmerzen und Krankheiten bezwingen kann.

Früher haben Sie gegen Schmerzen mit Schmerzmitteln angekämpft, was letztlich zum Nierenschaden führte. Können Sie heute eigentlich noch Sportärzten vertrauen?

Denen in Mainz schon.

Der Missbrauch von Schmerzmitteln ist laut Fifa eines der größten Probleme des internationalen Fußballs. Gerade jüngere Spieler würden viele Muskelverletzungen mit starken Medikamenten behandeln, statt diese auszukurieren.

Ich kann dazu nichts sagen. Ich bin nicht die Fifa, ich bin einfach nur ein Spieler bei Mainz 05. Jeder muss wissen, was er nimmt.

Gab es Ärzte, die prophezeit habe, dass Sie nie mehr Fußball spielen werden?

Nein, meine Ärzte nicht. Aber es gab schon viele, die gezweifelt haben. Doch es gab diesen Basketballer, Alonzo Mourning, der auch gespielt hat nach einer Transplantation. Und jetzt bin ich eben ein Beispiel dafür, dass man es schaffen kann. Ich glaube, ich habe einiges erreicht, wo ich mir selber auf die Schulter klopfen und sagen kann: Ja, mit dieser Erfahrung kann ich anderen Leuten helfen.

Sie haben damals angefangen, sich für die Stiftung „Löwenherz“ zu engagieren.

Das ist ein Hospiz in Bremen. Da gehen Menschen hin, um leichter in den Tod zu kommen. Es ist schwer, darüber zu sprechen. Ich versuche, ihnen ein wenig Mut zu machen. Vielen könnte es besser gehen, wenn die Leute mehr Blut spenden würden oder einen Organspenderausweis hätten.

Haben Sie sich vor Ihrer Nierentransplantation auch schon so konkret mit diesem Thema auseinandergesetzt?

Nein, natürlich nicht. Aber jetzt sehe ich das Leben anders. Man muss jeden Tag genießen und nach vorne schauen.

Aha.

Das ist einfach so, wenn Menschen krank werden, dann denken sie nach über das Leben, das auf einmal vorbei sein könnte. Dann passt man ein bisschen mehr auf, wenn man Husten oder Schnupfen hat. Dann geht man eben mal nicht zum Training. Früher, als ich jünger war, bin ich immer zum Training gegangen. Das war sicherlich ein Fehler. Man muss das Leben im Griff haben, es kontrollieren. Auch das habe ich gelernt.

Wo war’s eigentlich besser: in der Bundesliga oder der englischen Premier League?

In England wird schon ein bisschen schneller gespielt. Die Fans sind dort auch näher dran. Es gibt keine Zäune und sehr viele sehr gute Spieler, aber in der Abwehr auch ein paar Holzfüße, die nicht Fußball spielen können, sondern nur treten. Dafür ist in Deutschland die Stimmung auf den Rängen besser.

Wie sehen Ihre Perspektiven nach der Saison aus?

Darüber mache ich mir keine Gedanken. Es wird viel spekuliert oder geschrieben. Ich habe einen Vertrag bis zum 1. Juli bei Mainz, und den erfülle ich auch.

Sie hatten einst geäußert, Ihre Profikarriere beim FC St. Pauli beenden zu wollen. Wie realistisch das im Moment?

Das habe ich gesagt. Und das meine ich auch so.

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