Bundes-SPD nach Niedersachsenwahl: Endlich mal gewonnen

Die SPD hat 2017 alle Wahlen verloren. Der klare Sieg in Hannover stabilisiert Parteichef Martin Schulz. Trotzdem bleibt die Situation eher unschön.

Martin Schulz an einem Rednerpult daneben Andrea Nahles und Katarina Barley

Da freut er sich: Martin Schulz Foto: dpa

BERLIN taz | Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz muss sich fühlen wie ein Bauer, der nach monatelanger Dürre eine Regenwolke über seinem Acker erblickt. Endlich mal gewinnt seine SPD in einem wichtigen Bundesland, endlich scheint der stete Abwärtstrend gebrochen, endlich darf er einen Sieg kommentieren. Dass Ministerpräsident Stephan Weil klar vor seinem CDU-Herausforderer liegt, ist Balsam für die tief verstörte Bundes-SPD.

Schulz dankt Weil am Sonntagabend im Berliner Willy-Brandt-Haus überschwänglich. Was er geleistet habe, sei „einzigartig in der Wahlkampfgeschichte der Bundesrepublik Deutschland“. Die Wahl sei stark geprägt gewesen von niedersächsischen Themen und davon, dass Weil großes Vertrauen bei den Bürgern genieße, schiebt er später im ZDF nach. Das Ergebnis sei ein „ermutigendes Zeichen“ in einer schwierigen Lage. Die SPD habe sich nach ihrer bitteren Niederlage bei der Bundestagswahl nicht auseinanderdividieren lassen.

Das mag sein. Die Frage ist nur: Was bewirkt ein einziger Regenguss auf der ausgedörrten Erde der deutschen Sozialdemokratie? Das Saarland, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, dann das 20,5-Prozent-Debakel im Bund: Die SPD hat in diesem Jahr bisher alle Wahlen verloren. Niedersachsen, wo die SPD im Vergleich zu 2013 fast fünf Prozentpunkte zulegte, wird da zum Leuchtfeuer. Und Weil, der strahlende Sieger, gibt prompt ein kleines Kompliment an Berlin zurück. Die klare Entscheidung der SPD gegen die Große Koalition im Bund habe geholfen, sagt er. Schulz hatte seine Genossen früh auf den Oppositionskurs eingeschworen.

Trotz des Motivationsschubs bleibt die Situation aber unschön. Schulz weist auf die Schwäche der AfD in Niedersachsen hin. Wenn sich die demokratischen Linken und Rechten mit harten Argumenten einen Kampf lieferten, dann blieben die Ränder schwach. In der Tat rangiert die AfD in Niedersachsen nach ersten Prognosen nur knapp über der Fünfprozenthürde, und die Volksparteien lagen in der Schlussphase des Wahlkampfs Kopf an Kopf. An dem strukturellen Problem, dass viele Arbeiter heute AfD wählen, ehemalige Kernmilieus der SPD also erodieren, ändert das nichts.

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Auf den inhaltlichen Kurs im Bund hat die Wahl wenig Auswirkungen. In Regionalkonferenzen vor dem Parteitag soll die Basis gehört werden. Die wichtige Figur neben Schulz, die neue Fraktionschefin Andrea Nahles, hat den digitalen Kapitalismus als Großthema entdeckt. Ihn, der die Lebens- und Arbeitswelt seit Jahren umkrempelt, gelte es einzuhegen. Außerdem will Nahles das Profil der SPD schärfen. Motto: Weniger Kleinkramverwaltung à la Große Koalition, mehr Mut zu Grundsatzfragen, offensiv den Kontakt zur Gesellschaft suchen.

Vielleicht ist die Wahl auch ein Beleg für das ausgleichende Interesse der Deutschen. In der Vergangenheit profitierte nach einer Bundestagswahl oft der Wahlverlierer in folgenden Landtagen. Der „Stern von Merkel“ verblasse, twittert der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Die Erneuerung nehme Fahrt auf. Sicher ist: Das SPD-Personaltableau wird durch das Ergebnis in Niedersachsen stabilisiert. Schulz will Chef bleiben, ihn stärkt das Ergebnis. Er sei, heißt es in der SPD, bei der Basis beliebt, auch werde ihm die Katastrophe in Berlin nur bedingt angelastet. Er habe im Wahlkampf alles gegeben und könne nichts dafür, dass sein Vorgänger Sigmar Gabriel ihn spät in eine schlecht vorbereitete Kampagne geschubst hatte.

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