Bürgermeisterwahl in Dresden: Pegida versucht Demokratie

Die Oberbürgermeisterwahl in Dresden wird zum Test für den Einfluss von Pegida. Favoriten sind die KandidatInnen von SPD und FDP.

Pritschenwagen mit Werbung für Pegida-Kandidatin auf einer Straße.

Pegida will mit Tatjana Festerling punkten. Politik trauen ihr nur wenige zu Foto: dpa

DRESDEN taz | Für einen Briefkasten-Zettel mit der an 1989 gemahnenden Schriftzug „Klar zur Wende“ immerhin reicht die Pegida-Wahlkasse. Ebenso für einen Pritschenwagen mit zwei Großflächen gleicher Aufschrift, gesteuert von bulligen Typen, denen man im Dunkeln besser nicht begegnen möchte. Die 50-jährige Frau in Lederjacke, um die es dabei geht, blickt auf dem Briefkastenzettel nachdenklich, beinahe verlegen ins Ungewisse: Tatjana Festerling.

Die Hamburger AfD-Gründerin Festerling, die aber die Partei inzwischen verlassen hat, tritt bei der Oberbürgermeisterwahl in Dresden für die Pegida-Bewegung an. Es ist der erste Versuch der Protestbewegung, sich einem klassischen Wählervotum zu stellen. Zur Dresdner Oberbürgermeisterwahl am kommenden Sonntag wird in Prozenten ablesbar sein, wie viel „Volk“ Pegida in der Stadt tatsächlich repräsentiert.

Glaubt man den stets mit Vorsicht zu genießenden Umfragen des Instituts für Kommunikationswissenschaft der TU Dresden, dann sind das nicht mehr als zwei Prozent. Wohl deshalb versuchte die Kandidatin am Montag vor nur 2.000 Demonstranten noch einmal, im rüdesten Pegida-Ton Anhänger zu mobilisieren. Politiker fielen einmal mehr unter die Kategorien „Alkoholiker, grüne Männlein, Kommunisten und Kinderficker“.

Am 13. April hatte Pegida-Anführer Lutz Bachmann Tatjana Festerling offiziell als Kandidatin für das Oberbürgermeisteramt benannt. Doch nicht einmal bei den eigenen Leuten findet sie als Frau und Auswärtige vorbehaltlose Unterstützung. Politik trauen ihr nur wenige zu.

Betont überparteilich

Bei der Dresdner OB-Wahl am 7. Juni geht es aber nicht nur um den ersten oder letzten Versuch von Pegida, mit demokratischen Institutionen anzubändeln. Die CDU kämpft um den letzten verbliebenen Oberbürgermeisterposten in einer größeren sächsischen Stadt. In nur noch sechs der 30 größten Städte der Bundesrepublik besetzt sie dieses Amt. Auf dem gleichen Weg wie die ehemalige sächsische Sozialministerin Helma Orosz 2008 soll nach dem Willen der Union nun Innenminister Markus Ulbig an die Stadtspitze gelangen, mit dem Bonus des Ministeramtes und von der Partei mehr oder weniger gedrängt. So wirkt der menschlich sympathische und christliche Überzeugungstäter denn auch immer ein wenig verkrampft und überfordert.

Vor allem wegen seiner Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus erwarb Ulbig sich in acht Jahren als Pirnaer Oberbürgermeister Anerkennung. Doch die sechs Jahre auf dem Schleudersitz des Innenministers bedeuten keinen Schub für den Dresdner Wahlkampf. Die Polizei attackiert ihn regelmäßig, und die Landräte hätten ihn wegen der anfangs planlosen Asylpolitik am liebsten abgeschossen.

So wird Ulbig nur auf Platz drei erwartet, auch wenn er plötzlich eine linke Forderung aufgriff und nach der Totalprivatisierung der städtischen Wohnungen 2006 wieder 5.000 kommunale Wohnungen bauen will. Das Rennen werden vermutlich Wissenschafts- und Kunstministerin Eva-Maria Stange (SPD) oder Wirtschaftsbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) machen. Beide geben sich betont überparteilich, werden jeweils von Bürgerbündnissen unterstützt, wobei Stange auch die rot-rot-grün-orangene Stadtratsmehrheit hinter sich hat. Hilbert hatte nach dem Rückzug von Oberbürgermeistern Orosz kommissarisch die Amtsgeschäfte übernommen. Im ebenso streitsüchtigen wir harmoniebedürftigen Dresden fällt auf, wie gut die drei vermeintlich aussichtsreichsten Kandidaten miteinander können.

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