Bürgerkrieg in Syrien: Hinweise auf erneuten Giftgaseinsatz

Menschenrechtler und Hilfsorganisationen berichten vom Abwurf von vier Chlorgasbomben in der Provinz Idlib. Sechs Menschen starben.

Sarmin, Provinz Idlib: Ort der mutmaßlichen Giftgas-Attacke am 17. März 2014. Bild: reuters

BERLIN taz | Die Hinweise verdichten sich, dass die syrische Armee erneut Chlorgas eingesetzt hat. Dies berichten übereinstimmend Amnesty International, die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte sowie vor Ort das Lokale Koordinationskomitee und die Weißhelme, eine syrische medizinische Hilfsorganisation. Für den Angriff wird die syrische Armee verantwortlich gemacht; das Militär streitet das jedoch ab und spricht von Propaganda. Ein Regierungsvertreter wies laut dpa generell die Anschuldigung zurück, die Armee setze Chlorgas ein.

Ort des Geschehens waren die Stadt Sarmin und das nahegelegne Qmainsass in der Provinz Idlib im Nordwesten des Landes. Den Berichten zufolge ereigneten sich die Angriffe am späten Montagabend, als vier Fassbomben mit Chlorgas aus Hubschraubern abgeworfen wurden. In einem Fall war offenbar eine Stellung der Freien Syrischen Armee das Ziel; dabei wurden mehrere Kämpfer verletzt. Die anderen Bomben trafen bewohntes Gebiet. Insgesamt waren laut den Berichten über 100 Personen dem Chlorgas ausgesetzt.

Ein Mitarbeiter des Zivilschutzes, der zu einem Haus in der Nähe des Angriffsortes in Sarmin gerufen wurde, berichtete gegenüber Amnesty: „Der Geruch war schrecklich. Wir haben Leute evakuiert. Uns wurde gesagt, dass eine Familie im Keller wohnt. Drei von uns sind die Treppen runtergegangen. Ich sah eine Frau auf den Stufen. Sie war ganz blau und atmete nicht mehr. Wir evakuierten sie, und das nächste Team ging rein und evakuierte den Vater, die Mutter und drei kleine Kinder. Sie sind alle gestorben.“ Getötet wurden sechs Mitglieder der Familie Taleb.

Ein Arzt und ein weiteres Mitglied der Zivilverteidigung wiesen gegenüber Amnesty darauf hin, dass die Opfer des Angriffs keine Verletzungen hatten, wie sie für Explosivwaffen typisch sind. Vielmehr hätten sie Symptome gezeigt, wie sie bei einem Angriff mit Chemiewaffen charakteristisch sind: gerötete Augen, Atemprobleme, anhaltender Husten und Flüssigkeit, die aus Mund und Nase läuft. In einem Video ist ein behelfsmäßiges Feldlazerett zu sehen, in dem Verletzte Gasmasken über ihre Gesichter halten.

Vorwürfe von 2013 und 2014

Laut Amnesty ist der Angriff ein weiterer Beweis dafür, dass die syrischen Regierungskräfte ungestraft Kriegsverbrechen begehen. Der Internationale Strafgerichtshof müsse sich dringend mit der Situation in Syrien befassen, forderte AI.

Seit dem C-Waffen-Einsatz bei Damaskus im August 2013 hat die Opposition der Armee wiederholt Angriffe mit Chlorgas vorgeworfen. Die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) erklärte zudem im Januar, dass 2014 „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ bei drei Angriffen auf Dörfer Chlorgas eingesetzt wurde. Die Substanz wird in der Industrieproduktion verwendet und ist formell nicht als chemische Waffe geächtet, kann aber auch als Kampfmittel eingesetzt werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.