„Bürgerbewegung Pro NRW“: Rechtsextreme unter falscher Flagge

Die Rechtsausleger der „Bürgerbewegung Pro NRW“ machen eine Kampagnentour gegen Flüchtlinge. Dort schwenken auch Noch-Piraten ihre Fahne.

Da stimmt etwas nicht mit der Fahne der Piraten. Bild: dpa

DÜSSELDORF taz | Die „Bürgerbewegung Pro NRW“ ist mal wieder auf Propagandatour. Seit dem Wochenende reisen die Rechtsaußenaktivisten quer durchs Land von einer Flüchtlingsunterkunft zur anderen, um für eine „Volksinitiative gegen Asylmissbrauch“ zu werben.

Doch etwas ist anders als bei ihren bisherigen Hetzkampagnen gegen Andersgläubige, Andersdenkende, Anderslebende: Das kleine Häuflein der ewig gleichen Ewiggestrigen hat ungewöhnliche Verstärkung bekommen. Auf ihren Kundgebungen in Essen, Bochum oder Witten wehen auch Fahnen der Piratenpartei, und zwar nicht nur bei den Gegendemonstranten.

Der Hintergrund: Die „Pro-Bewegung“ hat in den vergangenen Wochen und Monaten Zulauf bekommen. Laut eigenen Angaben sollen „bereits über 20 Piratenmitglieder zu ’Pro Köln‘ oder ’Pro NRW‘ gewechselt“ sein, darunter die früheren Pressesprecher der Piraten in Duisburg und Köln, Andreas Winkler und Oliver Wesemann.

„Pro NRW“-Chef Markus Beisicht hofft auf weitere Zugänge. Sein rechtsextremer Verein vertrete „heute effektiv das, was früher von der Piratenpartei gefordert wurde, bevor sich diese in eine links unterwanderte Chaostruppe verwandelte“. Für eine „offensichtliche und plumpe Provokation“ hält das Piraten-Bundesvorständler Klaus Peukert.

Bei den Überwechslern handele sich um „rechtsextreme Spinner, die sich in die Piratenpartei verirrt hatten“. Falls es sich um Nochmitglieder der Piratenpartei handele, würden „diese kurz und schmerzlos aus der Partei geworfen werden“. Es sei „völlig klar, dass die Werte und Grundsätze der Piratenpartei und ihrer Mitglieder mit den rechtsextremen Positionen der Wählergruppe und ihrer Anhänger nicht vereinbar sind“.

Keine Toleranz

Auch der nordrhein-westfälische Landesverband verurteilte das Schwenken von Piratenflaggen auf den „Pro“-Kundgebungen am Wochenende in Bochum und Essen „aufs Schärfste“. Piraten, die sich auf Veranstaltungen von „Pro NRW“ mit dieser Organisation solidarisierten, müssten mit der unverzüglichen Einleitung eines Ausschlussverfahrens rechnen. Zwar erlaube die Satzung der Piratenpartei durchaus die Mitgliedschaft auch in anderen Parteien. Aber: „Rechtsextremes Gedankengut, wie bei ’Pro NRW‘ oder ’Pro Köln‘, tolerieren wir nicht, sagte Piraten-Landesvize Christina Herlitschka.

Ob tatsächlich so viele Piraten zur „Pro-Bewegung“ gewechselt sind, wie diese behauptet, ist höchst fraglich. Von „extremen Einzelfällen“ spricht vielmehr die Piratenpartei. „Es ist schade, dass das so aufgebauscht wird“, sagt Thomas Hegenbarth, Vorsitzender der Kölner Piraten. „Wenn jemand von uns zu den ’Pro‘-Leuten geht, ist das so, als ob der Papst morgen Atheist wird.“

Gleichwohl ziehe eine junge Partei mitunter auch problematische Menschen an, das sei nicht zu verhindern. „Wenn man mitmachen will, kann man mitmachen.“ Manchmal dauere es eine Zeit, bis man erkenne, welche Auffassungen jemand vertrete.

Das sei auch der Grund gewesen, warum der erst kurz zuvor in Köln aktiv gewordene Oliver Wesemann im September 2012 zum Pressesprecher des Kreisverbandes gewählt worden sei. „Wir wussten nicht viel von ihm, haben ihn ausprobiert und dann festgestellt: Das geht nicht“, konstatiert Hegenbarth. Nach nur drei Wochen habe das frühere Mitglied der Jungen Union zurücktreten müssen, da ihm sexistische Äußerungen sowie Verbindungen zu „Pro-Köln“-Mitgliedern vorgeworfen worden waren.

Seither sei Wesemann vor allem durch abfällige Bemerkungen über die Piratenpartei im Allgemeinen und die Kölner Piraten im Besonderen aufgefallen. „Ich habe den Eindruck, der ist nur bei uns eingetreten, um uns von innen zu zerstören und zu zersetzen“, so Hegenbarth. „Der hat sich verhalten wie ein U-Boot.“ Gegen Wesemann, der seine Piraten-Mitgliedschaft nur ruhen lässt, wurde inzwischen ein Ausschlussverfahren eingeleitet.

Am 23. März endet die „Pro NRW“-Propagandatour vor einer Flüchtlingsunterkunft im Kölner Stadtteil Weiden. Dann werden sich Wesemann und Hegenbarth wohl wiedersehen – allerdings auf unterschiedlichen Seiten der Barrikade. „Wir werden uns genau da wiedersehen, wo wir die vergangenen Jahre schon standen: auf der anderen Seite der Straße, im Bündnis gegen die ’Pros‘ “, kündigt Hegenbarth an.

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