Bündnis „Berlin für alle“: Solidarische Antworten gesucht

Zum Gründungstreffen der Initiative „Berlin für alle“ kamen am Sonntag 150 Menschen zusammen.

Viele soziale Akteure sollen mitmachen bei „Berlin für alle“. Foto: dpa

„Vielleicht könnt ihr alle noch ein bisschen zusammenrücken“, sagt die Moderatorin. 150 Menschen sind Sonntagnachmittag zum Gründungstreffens der Initiative „Berlin für alle“ ins Haus der Demokratie und Menschenrechte gekommen. Auf einer Tafel können sich Projekte vorstellen, es gibt eine Übersetzung auf Französisch und Arabisch, die Initiative bemüht sich, das Treffen so inklusiv wie möglich zu gestalten. Die Initiative sei „ein Experiment und ein offener Prozess, wo alle ihre Ideen einbringen können“ und „kein klassisches Bündnis“, sagt Aaron Bruckmiller von der Interventionistischen Linken (IL).

Und deswegen wird viel Zeit darauf verwendet, sich einander vorzustellen und Interessen auszutauschen – die sind wie das Publikum durchaus vielfältig. Queerfeministische Wagenplatz-Aktivisten, Fachärzte vom Verein Demokratischer Ärzte, junge Mütter mit Kindern, Erwerbsloseninitiativen, lobbykritische Blogger, antirassistische Aktivisten vom Oranienplatz sind gekommen. Die noch junge Initiative „Dom Helder Camara Flüchtlingsgenossenschaft“ will einen selbst organisierten Wohnungsbau für Geflüchtete organisieren; der Aktivist des AK Internationalismus der IG Metall kämpft schon seit über 20 Jahren für die „Verbrüderung von Arbeitern aller Länder“.

Angesichts einer „kaputtgesparten Infrastruktur“ und fast 80.000 Neuberlinern 2015 stelle sich die soziale Frage in einer „neuen Dringlichkeit“. Doch die könne man nicht den „Rechten überlassen“. Nur eine „neue soziale Allianz“ kann das Ausspielen von Geflüchteten gegen die Nöte der alteingesessenen Armen und anderer Gruppen verhindern und „solidarische Antworten“ auf „kommende Verteilungskämpfe“ finden.

Berlin biete dabei gute Vor­aussetzungen, weil es in der Stadt vielfältigen unterschiedlichen Aktivismus gebe. Gleichzeitig konstatieren die Initiatoren eine „Zersplitterung“ der zahlreichen Initiativen und bieten „Berlin für alle“ an, um „größere Sichtbarkeit und Verbindung“ zu schaffen.

Die 25-jährige Medizinstudentin Jamila von der Initiative „Kritische Medizinerinnen“ ist gekommen, um „zu beobachten, was hier geschieht“. Die Gruppe hat im letzten Jahr mit solidarischer Gesundheitsversorgung in Griechenland und zur Altersfeststellung von Geflüchteten in Deutschland gearbeitet, doch Jamila meint, es sei ja nicht nur so, das „Geflüchtete schlecht versorgt werden, sondern auch so, dass die Unterschicht zehn Jahre früher stirbt“.

Mit Hunderten Plakaten hatte die Initiative öffentlich zum Auftakttreffen eingeladen, ­darauf einfache Slogans wie „Tausche Innensenator gegen Flüchtlingsfamilie“ oder „Kannst du nicht wählen, musst du dabei sein“. Verbunden war die Einladung mit einer deutlichen ­Ansage: „Partei- und Berufs­politiker sind „nicht erwünscht“, schließlich richte sich der Aufruf an die, die sich nicht mehr von den Politiker/innen und den Parteien vertreten fühlen. Stattdessen will die Initiative in den Abgeordnetenhauswahlkampf eingreifen – aus „außerparlamentarischer Perspektive“

Doch eine passende Form und konkrete Projekte dazu werden noch gesucht. Wird „Berlin für alle“ ein bloßer Slogan, den alle progressiven Aktivisten der Stadt nutzen können, oder eine organisierte Kampagne? Das sei „tatsächlich noch unklar“, sagt Aaron Bruckmiller von der IL.

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