Bremer Kita-Ausbau mit Hindernissen: Kinder kommen in Container

Bremens Bevölkerung wächst, aber es gibt noch viel zu wenig Kita- und Grundschulplätze. Die Bürgerschaft debattiert über den Bremer Evergreen

Haben Glück gehabt: Jonas, Franzi, Enja und Carla. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

BREMEN taz |Bremen wächst: Vor allem durch die gestiegenen Flüchtlingszahlen und die hohe Geburtenrate nimmt die Bevölkerung im Stadtstaat zu. Mit den Konsequenzen dieser Entwicklung beschäftigte sich am Dienstag die Stadtbürgerschaft. In der Aktuellen Stunde debattierten die Abgeordneten über die Entwicklung zur Schaffung neuer Kita- und Grundschulplätze.

So wies die pensionierte Schulleiterin und Abgeordnete Julie Kohlrausch (FDP) auf die jüngste Studie des Essener Bildungsökonomen Klaus Klemm hin, wonach in Bremen bis zum Schuljahr 2020/21 für 720 Kinder kein Grundschulplatz zur Verfügung stehe. Dem Bedarf von sechs neuen Grundschulen stünden lediglich drei bislang geplante entgegen. Die Folge: „Dann werden wieder die Schülerzahlen pro Klasse angehoben und es herrscht Chaos in den Schulklassen“, so Kohlrausch. Aus ihrer Schulleiterzeit wisse sie: „Behördenversagen wird immer von Lehrern, Eltern und den Schülern ausgebadet.“ Investitionen in Kinder und Bildung seien kein Almosen, sondern eine Pflicht.

„Die Zahlen rufen in der Tat zum Handeln auf“, fand auch Mustafa Güngör (SPD), der den Ausbau dennoch als „positive Herausforderung“ sieht: „Eine wachsende Stadt ist eine gesunde Stadt“, sagte Güngör weiter. Der Kitaausbau müsse angepasst werden, bis 2020 sollen nun 55 statt bislang geplanter 32 neue Kitas entstehen.

Von einem „Realitätsverlust des Senats“ wiederum sprach Kristina Vogt (Die Linke). Gerade im Bremer Westen platzten schon jetzt viele Schulen aus allen Nähten. „Bremen will Bildung in Container verschieben“, sagte die Fraktionsvorsitzende, das sei aber sehr teuer und pädagogisch fragwürdig, vor allem im Hinblick auf die Inklusion. „Geradezu grotesk“ sei in diesem Zusammenhang die Situation an der Uni Bremen: Dort würden derzeit mehrere StudentInnen für einen Studienplatz in inklusiver Pädagogik klagen. „Wir brauchen diese Fachkräfte dringend, und die Uni stellt nicht genügend Studienplätze zur Verfügung, obwohl die Nachfrage besteht.“

Sandra Ahrens (CDU) verwies in ihrer Rede auf 644 noch Unversorgte im Kindergartenalter. Die Zahlen seien bereits 2014 prognostiziert worden, getan habe sich seitdem nichts. „Gerade in soziokulturell benachteiligten Gebieten“ wie etwa Bremen Nord, Gröpelingen und Tenever gebe es „von allem zu wenig“, sagte Ahrens weiter. Gerade die SPD, der die frühkindliche Bildung so wichtig sei, tue nichts für den Ausbau.

Matthias Güldner (Grüne) räumte ein, dass „der Kitaausbau nicht recht vorangekommen ist“. Man müsse aber differenzieren: Die Schulen seien staatliche Aufgabe, was bei den Kitas anders sei: „Da werden die Plätze nicht vom Staat, sondern von den Trägern bereitgestellt.“ Der Grünenpolitiker forderte weniger Staat und mehr freie Hand für die Träger und Investoren: „Hübotter ist kein Hedgefonds“, sagte er. Die politische Aufgabe sei es, Investoren zu ermutigen.

Bildungsstaatsrat Franz Pietrzok kündigte „Interimsmaßnahmen“ in Form von Containern an. Der Senat arbeite „mit Hochdruck“ an Lösungen, allerdings gebe es zu wenig Grundstücke. Er schloss auch den Zugriff auf private Grundstücke für den Kita- und Schulausbau nicht aus. Immerhin: „Wir haben verstanden, dass Handlungsbedarf besteht.“

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