Bremen plant Hebammen-Studium: Bachelor hilft beim Gebären

Der Beruf der Hebamme und des Entbindungspflegers wird erneuert. In Bremen soll noch vor 2020 die Ausbildung an der Hochschule stattfinden.

Ein Kleinkind sitzt mit einem Spielzeug auf einem Teppichboden.

Von Hebammen zur Welt gebracht: Kind im Geburtshaus Foto: dpa

BREMEN taz | Künftige Hebammen in Bremen sollen bald statt einer Ausbildung ein Studium an der Hochschule machen. Eine EU-Richtlinie sieht vor, dass bis 2020 das Studium möglich sein muss. Viele Strukturen sind in Bremen allerdings noch nicht geschaffen worden.

Deutschland ist das letzte Land, in dem es noch kein Studium zur „Hebamme (m/w)“ gibt, wie die Berufsbezeichnung offiziell heißt. Während andere europäische Länder sich bereits vor Jahren dem europäischen Standard angepasst haben, hinkt Deutschland hinterher.

Die Veränderung der Heb­ammenausbildung sei wichtig, meint Heike Schiffling, Vorsitzende des Hebammenlandesverbandes Bremen: „Die Hebammenausbildung ist das letzte mal vor 30 Jahren erneuert worden, seitdem hat sich das Berufsgesetz nicht mehr geändert.“

Auch die Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) sieht das so: „Die Anforderungen an den Hebammenberuf sind in den letzten Jahren immer komplexer geworden.“ Das Tätigkeitsspektrum der Hebammen habe sich grundlegend seit der letzten Reform geändert. Deswegen sei eine Veränderung geboten.

Stimmen gegen die Akademisierung des Berufes gibt es wenige. Manche beklagen, der Bezug zur Praxis könnte durch ein Studium schwächer werden. Doch das Studium sei dual mit einem hohen Praxisanteil angelegt, sagt die Gesundheitssenatorin. Bereits bestehende Kooperationen mit Krankenhäusern blieben erhalten.

Manche beklagen, der Bezug zur Praxis könnte durch ein Studium schwächer werden

Die Hochschule möchte den neuen Studiengang möglichst schon zum Wintersemester 2019/20 anbieten. Der Aufbau des Studiums steht allerdings noch am Anfang; Strukturen scheinen noch nicht geschaffen zu sein. So fehlt beispielsweise noch ein*e Professor*in für Hebammenwissenschaft.

Christa Keppers, die Leiterin der Hebammenschule Bremerhaven, bestätigt das: „Man muss jetzt neue Konzepte vorlegen und neue Kooperationsverträge mit Krankenhäusern schließen.“ Die Umstellung bis 2020 sei „sportlich, aber möglich“.

Laut Schiffling und Quante-Brandt hinkt Bremen mit der Einführung innerhalb Deutschlands keineswegs hinterher. Der Senat habe frühzeitig mit der Umstrukturierung begonnen. Allerdings gibt es in Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen schon Studiengänge. „In Lübeck findet der sogar an der Universität und nicht an einer Hochschule statt“, sagt Schiffling. In Osnabrück startete das erste Hebammenstudium bereits 2008. Weitere drei Standorte werden benötigt. Und die müssen auch bis 2020 stehen.

Fachkräftemangel auch bei den Hebammen

Eine zentrale Frage der Umstellung ist, ob sich damit der Fachkräftemangel bekämpfen lässt. Laut den Ergebnissen einer Befragung der Uni Bremen sind 43 Prozent der Hebammen in Bremen älter als 50 Jahre. Die fallen mit Eintritt des Rentenalters weg. Um die Versorgungssituation in Bremen zu verbessern, müssten mehr Hebammen rekrutiert oder ausgebildet werden als bisher.

Das wäre mit dem Studium an der Hochschule möglich. Während die Hebammenschule in Bremerhaven alle drei Jahre bis zu 16 Personen ausbilden kann, schafft die Hochschule mindestens die gleiche Anzahl jedes Jahr.

Problem Hochschulreife?

Das hängt natürlich auch von den Zulaufzahlen ab. Keppers gibt zu Bedenken, dass mit der Einführung des Studiums die Hochschulreife nötig sei. Damit verkleinere sich automatisch der Kreis von Bewerber*innen. Die Senatorin sieht allerdings in der Akademisierung die Chance, den Beruf für junge Leute attraktiver zu machen.

Schiffling sieht das ähnlich: „Viele junge Leute haben Abitur, deshalb scheint für die meisten eine Fachausbildung unattraktiver als ein Studium.“ Die Modellprojekte seien bisher auch alle gut verlaufen. Des Weiteren nennt sie die Verlegung des Ausbildungsstandortes nach Bremen als großen Vorteil.

Chancen sieht sie auch im Bereich des lebenslangen Lernens: „Ich bin über 50 und leider kann ich mit meiner Ausbildung nicht noch einmal oben draufsatteln. Mit einem international anerkannten Bachelor wäre das möglich gewesen“, sagt die Vorsitzende des Hebammen-Landesverbandes.

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